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Déjà-vu. „Krauses Glück“ mit Horst Krause.

© rbb/Arnim Thomaß

TV-Sommerloch: Wiedersehen macht keine Freude

Sommerferien hin, Fußball-WM her: ARD und ZDF bringen immer mehr weniger frisches Programm. Immerhin: Es gibt Alternativen.

Kopenhagen, 1974. Wieder einmal wird Egon Olsen aus dem Gefängnis entlassen. Doch diesmal kehrt der Gauner seinen trotteligen Kumpanen Benny und Kjeld den Rücken. Auf den Tresorspezialisten warten höhere Aufgaben. Egon soll im Auftrag eines multinationalen Konsortiums von Schiebern und Spekulanten den Privatsafe eines verstorbenen Schweizer Bankiers in Zürich öffnen. Déjà-vu? Richtig, „Der (voraussichtlich) letzte Streich der Olsenbande“, der dänische Spielfilm, läuft in der x-ten Wiederholung am Donnerstag in der Primetime des RBB. Es ist wohl ein alter Reflex, beim  Thema TV-Sommerloch und Wiederholungen gleich an den Rundfunk Berlin-Brandenburg zu denken.

Es betrifft ja fast alle Sender. Und es werden im Laufe dieser und der nächsten Wochen auch noch mehr Zuschauer mitkriegen, die in jüngster Zeit fast täglich Fußball-Weltmeisterschaft eingeschaltet haben. Das Erste bringt am Donnerstag einen „Island-Krimi“ mit Franka Potente von 2016, am Freitag „Krauses Glück“, ebenfalls 2016, in Konkurrenz dazu im ZDF „Die Chefin“, aus 2016. Da freut man sich auf Guido Cantz’ „Verstehen Sie Spaß?“ am Samstagabend im Ersten. Das ist immerhin neue Programmleistung.

„Apropos Leistung, wir erleben ja gerade wieder eine selbst genehmigte ,Sommerpause‘ und im Winter eine ,Winterpause‘, in der fast alle unsere teuer bezahlten Fernseh-Entertainer ihren wohl verdienten Urlaub nehmen, obwohl man schon einmal konstatieren muss, dass dabei effektiv nur ein halbes Jahr wirkliches ,Vollfernsehen‘ übrig bleibt. Wieso zahle ich in dieser Zeit noch mal dieselben Gebühren wie in ,Nicht-Pause-Zeiten‘?“, ärgert sich ein Nutzer für viele in einem Tagesspiegel-Online-Kommentar.

Nun ist das vielleicht etwas naiv ans Thema herangegangen. Würden Polit-Talkerin Anne Will oder auch Oliver Welke mit seiner „heute-show“ nicht monatelang Sommerpause machen und noch öfters auf dem Bildschirm sein, dann würden Programmkosten und Rundfunkbeiträge sicher noch höher ausfallen.

Dennoch, es ist erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit in diesen Wochen auf Sparflamme gesendet wird, von den Sendern nur halbwegs einleuchtend erklärt. „Der ZDF-Sendetag dauert auch im Sommer 24 Stunden, vom ,Morgenmagazin‘ in der Frühe um 5 Uhr 30 bis zum folgenden Morgen“, sagt ein ZDF-Sprecher und verweist im fiktionalen Bereich für den gesamten Sommer auf das „Montagskino Fantasy“ und zwei, drei Fernsehfilme in der Primetime. Das Programm der Mainzer biete auch in diesem Sommer mit Fußball-WM jenseits von Sport „Neues und Frisches“ in allen Programmgenres.

Das ist eine recht eigenwillige Interpretation, die vom Blick in die Programmzeitschriften nur sporadisch gestützt wird. Das gilt auch für den RBB. Mit den Wiederholungen im Fernsehen sei es im Sommer wie mit der Hitze, sagt RBB-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus. Ein wenig sei ganz angenehm, zu viel soll es nicht sein. Auch wenn Formate wie „Supermarkt“ oder „Abendshow“ pausieren, es gebe jeden Tag im RBB viel mehr als nur Wiederholungen, zum Beispiel die Reihe „Entdecke Brandenburg“ oder eine queere Filmreihe.

Klingt alles irgendwie plausibel, aber irgendwie auch nicht überzeugend

Dass in Jahren, in denen intensive Ereignisberichterstattung auf dem Programm steht, das Programmschema zeitweise verändert werden müsse, so das ZDF weiter, sei sicher verständlich. „Außerdem werden Sendeplätze von tages- oder wochenaktuellen Sendungen und Magazinen anders belegt, die das ganze Jahr von nur einem Moderator präsentiert werden.

Diese Kollegen brauchen mal Pause, die Pause ermöglicht es, Plätze für neue Formate zu schaffen, wie die Talks von Dunja Hayali.“ Außerdem seien Wiederholungen auch eine Möglichkeit, mit Rundfunkbeiträgen finanziertes Programm möglichst vielen Zuschauern zu präsentieren – auch denen, die bei der Erstausstrahlung nicht die Möglichkeit zum Zuschauen hatten. Sie seien also im Sinne der Beitragszahler auch kostensparend. Unisono die ARD-Erklärung: Es sei richtig, so ein Sprecher, dass Das Erste in den Sommermonaten mehr Wiederholungen ausstrahle als zu anderen Jahreszeiten. „Damit folgen wir dem Zuschauerverhalten, im Sommer ist die Fernsehnutzung am geringsten.“

Vertraute Gesellen: Die "Olsenbande"
Vertraute Gesellen: Die "Olsenbande"

© rbb/MDR/DEGETO

Klingt alles irgendwie plausibel, aber irgendwie auch nicht überzeugend. Klar, man muss ja nicht hinschauen. Es ist Biergartenzeit, es gibt Streamingdienste, aber die Frage, ob und wie die aus jährlich insgesamt rund acht Milliarden Euro Beitragsgeldern gespeiste Programmleistung ganzjährlich erbracht wird, darf gestellt sein. Laut aktuellem Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat die Zahl der Erstsendungen in ZDF und ARD abgenommen im Vergleich von 2016 zu 2006.

Die Anteile von Erstsendungen bei Das Erste, beim Zweiten und bei den Dritten Programmen sind gesunken. Sie liegen für 2016 bei 60,2, 64,1 beziehungsweise 32,1 Prozent. Betrachtet man die Erstsendeminuten, verringerte sich im Kernbereich die Anzahl um 130 656 Minuten im Vergleich zu 2007.

Immerhin, die Erstsendungsquote beim RBB in der Primetime ist im Sommer 2018 laut Sendersprecher von 61 auf 75 Prozent gestiegen  – das erklärt zumindest nicht die Hartnäckigkeit, mit der im RBB die „Olsenbande“ präsentiert wird.

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