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Wohin geht Deutschland mit Merkel? Anne Will und ihre Gäste diskutieren.

© dpa/NDR/Wolfgang Borrs

TV-Talk "Anne Will" zu CDU und CSU: Im Zweifel einfach sehr biegsam

Während die Union um Linie und Sprachgebrauch zur Flüchtlingspolitik ringt, lässt Anne Will ihre Gäste den Richtungsstreit bei CDU und CSU diskutieren. Doch Orientierung gibt es nicht.

Ein Kompass hätte nicht geschadet: Anne Will und Gäste fischten beim Thema "Zwischen Mitte und rechter Flanke - wohin steuert Merkel Deutschland?" in recht trüben Gewässern. Denn Kapitän Angela war - wie fast immer - nicht an Fernseh-Bord, um ihren Kurs zu erklären. Stattdessen rangelten CDU und CSU noch am späten Sonntagabend im Berliner Konrad-Adenauer-Haus um ein verbindliches Flüchtlingskontingent - oder, in Seehofer-Sprech: die Obergrenze für Flüchtlinge.

Ein paar Liveschalten später war klar, dass sich die CSU durchgesetzt hatte und Deutschland künftig nur noch 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufnehmen soll. Zumindest auf dem Papier. Das eindeutige Manöver in konservative Gefilde blieb aber von allen Talk-Beteiligten zunächst weitgehend unbemerkt. Stattdessen wurde die Obergrenze samt Flüchtlingsfrage bis zum Ablativ durchkonjugiert. Und der namensstiftende Sendungstitel ignoriert.

Einblendungen von CSU-Zitaten mussten ran, um den Talk wieder ins richtige Fahrwasser zu lotsen. "Konservativ ist wieder sexy", bestätigendes Nicken von Hans-Peter Friedrich, dem stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion. Er sieht die Union - insbesondere ihren bayerischen Teil - vor allem mit einer Rückbesinnung auf Urgestein Franz Josef Strauß gut aufgestellt. Der hatte schließlich seinerzeit die Parole ausgegeben, dass rechts von den Christsozialen "nur noch die Wand" zu sein habe.

Frust der SPD spürbar

Jetzt hat bekanntermaßen die AfD sogar diesen weiß-blauen Hadrianswall eingerissen. Eine Tatsache, die Friedrich gar nicht schmeckt. "Deutschland muss Deutschland bleiben", solche Aussagen findet er gerade konservativ genug für Anne Will. Ob er damit der AfD verdammt nahe kommt? Klar, will er ja auch.

Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Ministerpräsidentin des Saarlandes, sieht die rechte, politische Flanke der Union nicht ganz so offen wie Friedrich. Sie glaubt, Merkel täte gut daran, CDU/CSU "breit in der Mitte" aufzustellen. Katarina Barley, derzeit noch Bundesfamilienministerin von der SPD, findet diese Strategie alles andere gut.

Natürlich sorgt sich Barley nicht mehr übermäßig um das Wohlergehen ihres demnächst verflossenen Koalitionspartners. Aber: "Angela Merkels einziges Regierungsziel ist es, dass gegen sie keine Regierung gebildet werden kann. Das schafft man, indem man sich in die Mitte orientiert". Ein wenig Frust über die historische SPD-Pleite klingt da ebenfalls durch.

Die biegsame Kanzlerin

Überhaupt: Wer hat wie viele Wähler verloren, wer ist eigentlich Schuld, dass die AfD ins Parlament eingezogen ist? Wer hat zu verantworten, dass die SPD in die Opposition geht; dass Angela Merkel möglicherweise eine Jamaika-Koalition zusammenpuzzeln muss? Gregor Gysi von der Linken hat ebenfalls Wähler nach rechts verloren, war aber nicht ganz so erpicht wie die anderen, den schwarzen Peter weiter zu schieben. Für Barley hatte er unter rot-roten Genossen sogar ansatzweise warme Worte übrig: "Oppositionsarbeit ist auch wichtig". Die Aussicht wird die SPD-Kollegin nur bedingt trösten.

Wohin Angela Merkel nun steuert? Das weiß im Zweifel nur sie selbst. Dass sie zu Seehofers Obergrenzen-Forderung ihr Einverständnis gibt, deutet eher einen Kurs hart Steuerbord an: nach rechts, um konservative Wähler zurückzugewinnen. Bleibt laut Katarina Barley die Frage, was geschieht, wenn der Wind sich dreht. "Merkel ist sehr biegsam".

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