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Thema bei "Maischberger": Welche Zukunft hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

© dpa/Peter Kneffel

TV-Talk "Maischberger" zu ARD und ZDF: "Dschungelcamp-Quote ist für uns nicht zu schaffen"

Über die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutierte Sandra Mischberger mit ihren Gästen. Thomas Gottschalk empfahl eine gesunde Arroganz.

Thomas Gottschalk hatte die erste Antwort parat. „Wir brauchen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, schon um heute über ihn diskutieren zu können.“ Das war erfrischend genug, um die erkennbare Spannung in der Talkshow „Maischberger“ zu lockern. Denn welches System außer dem öffentlich-rechtlichen traut sich schon, sich mit der Frage „Wozu noch ARD und ZDF?“ wenn schon nicht in Frage, so doch der Kritik zu stellen.

Die beiden Sofas waren mit Positivisten und Pessimisten gut gefüllt: WDR-Intendant Tom Buhrow, „Tagesthemen“-Moderatorin Pinar Atalay auf der einen, Medienunternehmer Georg Kofler sowie die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Beatrix von Storch auf der anderen Seite. Dazwischen Moderatorin Sandra Maischberger und – Thomas Gottschalk.

Die Talkshow war mutig und unklug zugleich, den Einstieg in die Diskussion zu verzögern. Das erste Intro lieferte Emil Steinberger. Der Schweizer Kabarettist war aufgerufen, dem deutschen Publikum zu verdeutlichen, warum seine Landsleute am 4. März die „No Billag“-Initiave zur Abschaffung der Rundfunkgebühren und damit indirekt des öffentlichen Rundfunks in der Schweiz ablehnen sollten. Das Land brauche ein politisch unabhängiges Fernsehen, die viersprachige Schweiz eine identitätsstiftende Klammer, sagte Steinberger. Wer nur gucke, was er gucken wolle, „der macht sich nicht zum interessanten Menschen“.

"Atemberaubend ineffizient"

Gleich danach folgte ein halbstündiger „Weltspiegel extra“. Korrespondentinnen und Korrespondenten der ARD berichteten über die Situation des öffentlichen, des öffentlich-rechtlichen und des staatlichen Rundfunks in Polen, Großbritannien, Österreich, Frankreich, Norwegen, Italien und in der Schweiz. Das war ein Schnelldurchgang, in der Summe mehr oberflächlich und doch mit einer klaren Botschaft: Den Sendern weht europaweit der Wind mehr oder weniger stark ins Gesicht. Die Selbstverständlichkeit, mit der eine SRG oder eine BBC früher arbeiteten, die ist vorbei. Angebrochen ist eine Phase der Rechtfertigung, wenn nicht der Gefährdung, wie beispielweise in Polen, wo die Regierungspartei PIS den Sender TVP nach ihren Interessen formt.

Der Streifzug hatte keinen echten Einfluss auf die Runde, wie auch anders, die Situation und die Organisation von ARD und ZDF sind individuell wie speziell. Georg Kofler, Haudrauf wie in seinen besten Tagen als Pro7- und Premiere-Boss, dekretierte: „Wir brauchen ARD und ZDF, aber nicht für acht Milliarden Euro jährlich und atemberaubend ineffizient.“

Beatrix von Storch hatte einen Bauplan für den Umbau des öffentlich-rechtlichen Systems mitgebracht. Ende der Zwangsgebühr, öffentlich-rechtlicher Rundfunk als freiwillige Leistung jener, die nicht darauf verzichten wollen. Die AfD-Politikerin gab zu Protokoll, dass Bundeskanzlerin Merkel nicht die Inhalte der „Tagesschau“ bestimme. Sie selber sieht die Sendung nicht, trotzdem weiß sie, dass diese Objektivität vermissen lasse, sie sei parteiisch. Was an Beatrix von Storch verblüffte: Sie hatte nur ein, zwei, vielleicht drei Behauptungssätze parat, warum der öffentlich-rechtliche Rundfunk so nicht fortbestehen könne. Mehr hatte sie nicht bieten.

Programmauftrag blieb unterbelichtet

Ob es die „Maischberger“-Redaktion geahnt hat? Kofler und von Storch sind laut in ihrer Kritik und notgedrungen leise, wenn es an den detaillierten Beleg geht. Das besorgten die immer wieder zwischengeschobenen Beiträge der Nutzer von ARD und ZDF, die sich per Video, Umfrage und Mail zu Wort meldeten. Junge Leute waren es in der Mehrheit, die nach mehr Transparenz, nach der Altersversorgung, nach Moderatorengehältern und, ja, wieder nach der Objektivität der Informationen fragten.

Pinar Atalay unterstrich die Unabhängigkeit ihrer „Tagesthemen“-Redaktion, vor allem aber war es WDR-Chef Buhrow, der mal diplomatisch, mal forsch die Leistungen von Hörfunk und Fernsehen verteidigte und den Sparwillen in seinem Haus heraushob. Buhrow argumentierte intensiv, nur einmal vergriff er sich , als er die Pressefreiheit in den Zeitungen als das „Wording der Verleger“ diskreditierte. Notwendiger wäre es gewesen, wenn er seine Forderung „Wir müssen übers Programm reden“ zur eigenen Leitlinie genommen hatte. Die Diskussion hatte so eine pekuniäre Schlagseite, die auch die umsichtig moderierende Sandra Maischberger nicht ins Lot bringen konnte. Der Programmauftrag, Sinn und Zweck öffentlich-rechtlicher Existenz, blieb sträflich unterbelichtet.

Und wieder war es der erstaunliche Thomas Gottschalk, der ARD und ZDF zu gesunder Arroganz aufforderte: „Wir sind die Öffentlich-Rechtlichen, wir haben einen Auftrag, der nicht an der Quote des ,Dschungelcamps gemessen werden kann.“ Und in zehn Jahren werde es ein nationales ZDF und eine regionale ARD geben. Das sagte Gottschalk gegen 0 Uhr 30.

0 Uhr 30? ARD und ZDF dürfen so arrogant sein, eine solche und so notwendige Diskussion nicht im Programm-Nirwana, sondern im Programm-Zentrum zu platzieren. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat es verdient. So und so.

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