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Unter Ausschluss.  Von der Handball-WM in Frankreich wird es keine Bilder im frei empfangbaren Fernsehen geben. Das könnte noch eine Chance für Online-Portale sein.

© picture alliance / Axel Heimken/

TV-Übertragungsrechte: Bei der Handball-WM droht der totale Blackout

„Wir sind bei dem Thema raus, sorry!“ Die Handball-WM beginnt am 11. Januar, vermutlich ohne Live-Bilder. Millionen Fans bleiben offenbar außen vor.

Dem deutschen Handball-Nationalspieler Patrick Groetzki ist jetzt der Kragen geplatzt. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass es von der in nicht einmal zwei Wochen beginnenden Handball-WM in Frankreich keine Bilder im Free-TV geben wird. „Das ist eine beschissene Situation und schlecht für unsere Sportart, wenn ein Jahr mal einfach so wegfällt, man nicht im Fernsehen zu sehen und nicht präsent ist“, sagte der Profi von den Rhein-Neckar Löwen dem „Mannheimer Morgen“. ARD und ZDF hatten sich mit dem Rechteinhaber BeIN Sports nicht einigen können. „Man muss ganz klar sagen, dass im Handball-Weltverband zu wenig über die Folgen nachgedacht wurde, als man die Rechte an BeIN Sports vergeben hat.“ Da ging es wohl nur darum, so viel Geld wie möglich zu verdienen.

Stell dir vor, es ist Handball-WM, und keiner kann es sehen. Bereits bei der WM 2015 in Qatar hatte es in Deutschland keine Bilder im Free-TV gegeben. Damals war kurzfristig noch der Pay-TV-Sender Sky eingesprungen. „Stand heute zeigen wir nichts“, sagte Sky-Sportchef Burkhard Weber vor Wochen. Das könnte allerdings auch Rechte-Poker sein. ARD und ZDF hatten sich lange um Verhandlungen bemüht.

Der Rechteinhaber reagierte nach Angaben der Sender nicht. „Es gibt keine neuen Nachrichten bezüglich der Handball-WM, keine Gespräche oder Verhandlungen über Liverechte, auch zum Thema nachrichtliche Verwertung fehlt eine klare Aussage des Rechtehalters“, sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz dem Tagesspiegel. Offensichtlich habe der Rechtehalter ein grundsätzliches Problem mit der deutschen Fernsehlandschaft. BeIN Sports bestehe darauf, dass die TV-Signale für Satelliten-Kunden verschlüsselt werden. ARD und ZDF müssten dafür rund 18 Millionen Haushalte ausschließen, die via Satellit ihre Programme empfangen.

„Aktuell sind aber auch wir leider raus.“

Eine Chance eigentlich für andere Übertragungswege. DHB-Vize Bob Hanning zeigte sich zuversichtlich: „Irgendetwas wird funktionieren.“ Zuletzt hat sich aber auch noch der Sport-Streamingdienst Dazn, der mit Live-Übertragungen aus der englischen Premier League von sich reden macht, aus den Verhandlungen zurückgezogen. Auf die Frage eines Users, ob es zu einer Liveübertragung kommen wird, antwortete Dazn kurz vor Silvester: „Wir sind bei dem Thema raus, sorry!“

Vor zwei Wochen hatte Dazn-Geschäftsführer Kay Dammholz deutliches Interesse an einem Rechteerwerb bekundet. Doch die Verhandlungen mit der Al-Dschasira-Tochter, die für die Rekordsumme von rund 80 Millionen Euro die Fernsehrechte an jeweils zwei Weltmeisterschaften der Männer und Frauen erworben hatte, gestalteten sich offenbar schwierig.

Wie lukrativ Handball für Medienunternehmen ist, hat die EM 2016 gezeigt. Der Erfolg im Finale gegen Spanien bescherte der ARD mit 12,98 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 42 Prozent Topwerte. Bleibt als letzte Hoffnung für die deutschen Handball-Fans die Internetplattform sportdeutschland.tv. Der 2014 gestartete Online-Sportsender, an dem der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) eine Minderheitsbeteiligung hat, gehört mehrheitlich zur ProSiebenSat1-Gruppe. Die ist mit Sportrechten nicht reich gesegnet, ein Rechte-Coup könnte einen Imagegewinn bedeuten.

Zu dem nur online zu empfangenden Sender gehören Nischenangebote wie Volleyball- und Tischtennis-Bundesliga. „Wir wollen einfach, dass alle Fans in Deutschland die Handball-WM kostenlos verfolgen können“, sagte Geschäftsführer Björn Beinhauer im Dezember.

Bei der EM 2016 hatte das Portal alle Spiele ohne deutsche Beteiligung gestreamt. Millionen Handball-Fans kann Sportdeutschland.tv aber nun – Stand 3. Januar – nur wenig Hoffnung machen. „Solange die Rechte in Deutschland nicht offiziell vergeben sind, bemühen wir uns weiter darum, den deutschen Handball Fans, dieses für den Sport so wichtige Ereignis, präsentieren zu können“, sagte Björn Beinhauer am Montag.

„Aktuell sind aber auch wir leider raus.“ Der Rechtehalter zeige sich sehr unkooperativ. Al Dschasira scheint auf seinen Rechten sitzen zu bleiben. Nicht nur der Hals von Patrick Groetzki dürfte noch dicker werden.

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