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TV-Zweiteiler: Die Schwalbe gemacht

Filme über Fluchten aus der DDR hat es bereits viele gegeben. „Go West“ von ProSieben ist ein Actionfilm für das junge Nachwende-Publikum.

Republikflucht kommt für Frank Korbach (Sergej Moya) nie infrage. Dafür gibt es keinen Grund, schließlich steht er im Frühsommer 1984 gerade davor, von der Ernst-Busch-Schauspielschule aufgenommen zu werden. Auch ansonsten geht es den Korbachs nicht schlecht, schließlich arbeiten Vater und Mutter für das Ministerium für Staatssicherheit. Anders sieht es für seinen Freund Thomas (Franz Dinda) aus. Bereits mehrfach hat er sich der Einberufung widersetzt, Feldjäger und Staatssicherheit sind im dicht auf der Spur. Und Alex (Frederick Lau) hofft darauf, seiner kranken Schwester vom Westen aus besser helfen zu können. „Morgen Nacht geht es los! Wir gehen jetzt rüber in den Westen“, fordern sie Frank zur Flucht auf, doch der ist nicht interessiert. Immerhin will er die beiden Freunde mit dem Auto nach Oschersleben bringen, wo der Fluchthelfer wartet – und die Grenztruppen, die ihnen bereits auflauern. Von nun an kann auch Frank nicht mehr zurück, eine abenteuerliche Flucht quer durch den ehemaligen Ostblock beginnt, die Stasi immer im Nacken.

„Go West – Freiheit um jeden Preis“ ist kein Geschichts-TV. Das spannend erzählte Fluchtdrama, das ProSieben heute und am Freitag in zwei Teilen zeigt, verträgt selbst die Länge von 180 Minuten ohne Hänger. In diesem Film, der auf keinen realen Begebenheiten beruht, wird nicht versucht, die Segnungen des sozialistischen Gegenentwurfs ostalgisch heraufzubeschwören. Genauso wenig wird die DDR als Hort des Bösen dargestellt. Auch wenn einige das System aus ganzem Herzen gehasst haben, insgesamt haben sich doch die meisten mit dem Staat arrangiert. Vor allem aber ist „Go West“ ein junger Film mit ausgezeichneten jungen Darstellern. Regisseur Andreas Linke ist damit ein packendes Roadmovie (Buch: Matthias Pacht) für das junge Nachwende-Publikum gelungen. Während Drehorte und Fuhrpark mit Trabis, Wartburgs, Ladas und Schwalbe-Mopeds durchaus das alte Ost-Flair verströmen, wurden hinsichtlich der Kleidung der jungen Hauptdarsteller einige Kompromisse gemacht. Nicht nur die Jeans stammen allesamt aus dem Westen, auch sonst gehen Frank, Thomas und Alex glatt als West-Jugendliche durch. Wie die Jugend im Osten wirklich gelebt hat, davon erfahren die Zuschauer wenig. Aber eins erreicht der Film ganz sicher: Verständnis, warum so viele Menschen für ihre Freiheit die größten Gefahren auf sich nahmen.

Angelpunkt der Teamworx-Produktion ist, wie Sergej Moya zum Fluchthelden wider Willen wird, und sich dabei in die hübsche Maria Steiner (Inez Björg David) verliebt. Einst dienten ihrer beider Väter bei den DDR-Grenztruppen, bevor Max Steiner zum Fluchthelfer wurde. Zudem fordern die weniger gradlinigen Rollen die Darsteller. Dies gilt insbesondere für Frederick Lau, der den etwas naiven Alex Baumgarten spielt, einen Jungen, der eigentlich gar nicht weiß, was er im Westen soll. Der zum Verräter wird, weil er seiner kranken Schwester zu einer besseren medizinischen Behandlung mit einem Rollstuhl aus Aluminium und einer Heizdecke verhelfen will. Im entscheidenden Moment stellt er die Freundschaft zu Frank und Thomas über alles. Oder Herbert Knaup, der Charakterdarsteller als linientreuer Stasi-Major. Er weiß, dass die erfolgreiche Flucht seines Sohnes eine riesige Propaganda-Schlappe für die DDR sein würde. „Ich bringe ihn zurück, ich bringe das in Ordnung“, verspricht er seinen Vorgesetzten – und sieht in Frank doch immer den Sohn und nicht den Flüchtling. Dafür darf Matthias Koeberlin zeigen, dass er als strammer Stasi-Kettenhund überzeugen kann – nachdem er schon 2005 in ähnlicher Rolle als DDR- Grenzer zu sehen war. Kurt Sagatz

„Go West – Freiheit um jeden Preis“, heute und am Freitag, ProSieben, jeweils 20 Uhr 15

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