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Übertragungsrechte: Nach Senderpleite England-Spiel nur im Internet

Nicht auf dem Sofa und nicht im Pub – vor dem Computer müssen die englischen Fans die nächste Partie ihrer Nationalelf anschauen. Erstmals wird ein Spiel der englischen Mannschaft in Großbritannien nur im Internet zu sehen sein. Die angebliche „Innovation“ ist jedoch eher eine Notlösung.

Das WM-Qualifikationsspiel zwischen England und der Ukraine am Samstag wird eine Premiere – aber nicht wegen des Spiels, sondern weil es Fans in Großbritannien zum ersten Mal nur im Internet verfolgen können. „Das ist eine historische Innovation“, sagt der Geschäftsführer der zuständigen Sportrechteagentur Kentaro, Philipp Grothe. „Das ist der Weg der Zukunft.“

Der Schritt dahin ist jedoch aus der Not geboren. Kentaro, eine der führenden europäischen Sportrechteagenturen, hat das WM-Qualifikationspiel von England ursprünglich an den Pay-TV-Sender Setanta verkauft. Nach dessen Pleite im Sommer fielen die Rechte an Kentaro zurück. Verhandlungen mit großen englischen TV-Sendern scheiterten. Kentaro ist auf den Rechten sitzen geblieben und muss sich nun selbst vermarkten.

Die Lösung: Das Unternehmen entschied sich für den Weg ins Internet und damit für ein Novum in der englischen Fußball-Geschichte. Ob das wirklich „der Weg der Zukunft“ ist, kann auch der Sport- und Medienwissenschaftler Josef Hackforth nicht sagen. „Tatsache ist: In Deutschland hat es so etwas noch nicht gegeben.“ Die Deutsche Fußballliga habe sich immer um Parallelrechte bemüht, also darum, Spiele auf ganz unterschiedlichen Medien zu übertragen.

Pub-Besucher bleiben auf der Strecke

Wie profitabel die Lösung im Vergleich zum geplanten Verkauf an einen Pay-TV-Sender sein wird, ist abhängig von der Zahl der Zuschauer. Fans können sich für das England-Spiel über www.ukraineVengland.com registrieren und müssen dafür 4,99 Pfund, umgerechnet etwa 5,20 Euro, zahlen. Wer erst am Samstag bucht, zahlt 11,99 Pfund für das Spiel. „Das sind so genannte Einzelentgelte, man bezahlt für den einzelnen Blick“, erklärt Hackforth. „So etwas gibt es aber auch schon im Pay-TV“. Zusätzlich kann das Spiel in mehreren Kinos in England verfolgt werden.

Eine öffentliche Prognose dazu wollte man bei Kentaro nicht wagen. „Das sind Interna“, sagte ein deutscher Sprecher. Die britische Tageszeitung „The Sun“ zitiert jedoch den britischen Kentaro-Chef Peter Silverstone. Der gab preis, dass man 1 Million Bezieher braucht, um 2,5 Millionen Zuschauer zu gewinnen – das sichere die gewünschte Reichweite.

Dem Medienwissenschaftler Hackforth zufolge werden vor allem junge Leute angesprochen: „Je jünger die Menschen, desto mehr nutzen sie die Angebote des Internets.“ Begeisterte Pub-Besucher bleiben dabei auf der Strecke. „Wir wollen nicht das Fernsehen ausradieren“, sagte der Sprecher für Kentaro in Deutschland dazu. Den Vorteil des Internets sieht er in diesem Fall vor allem darin, „dass man es überhaupt sehen kann“.

Ansonsten gelte, so Hackforth, bei den Zuschauerzahlen, was immer gilt: „Es kommt vor allem auf die Attraktivität des Spiels an.“ Hier kann das Spiel am Samstag nicht punkten: Die englische Nationalelf hat sich bereits für die Endrunde in Südafrika qualifiziert.

Annegret Ahrenberg

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