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Unverschlüsselte Dokumente: Wikileaks geht in die Offensive

Nach der Datenpanne stellt die Enthüllungsplattform die geheimen US-Depeschen selbst ungeschwärzt online - und gibt damit die Namen von Informanten preis.

Nach der schweren Datenpanne um geheime US-Depeschen hat Wikileaks-Gründer Julian Assange die Flucht nach vorn angetreten und die Dokumente selbst ungeschwärzt ins Internet gestellt. Über das Onlineprotokoll BitTorrent verteilten Assange und seine Helfer die 1,6 Gigabyte große Datei mit dem Namen „z.gpg-decrypted.7z“. In der Datei befinden sich rund 250 000 interne Berichte und Lagebeurteilungen der US-Botschaften an das US-Außenministerium. Damit haben sich auch die Bemühungen der Medienpartner von Wikileaks wie „Der Spiegel“ erledigt, die sorgfältig darauf geachtet hatten, die Namen von Informanten aus Ländern wie Irak, Iran, China und Afghanistan unleserlich zu machen. „Spiegel“-Chefredakteur Georg Mascolo sagte, dadurch habe Wikileaks „viel an Vertrauen eingebüßt“. Der Schutz von Informanten sei für den „Spiegel“ von Anfang an außerordentlich bedeutsam gewesen. „Dass Wikileaks dies nicht gelungen ist, bedaure ich sehr.“ Ob das Magazin auch künftig Enthüllungsplattformen als Quelle nutzen werde, „hängt davon ab, ob sie vertrauenswürdig sind“. Durch eine Serie von Pannen war die verschlüsselte Datei mit den ungeschwärzten Namen in Umlauf geraten. Außerdem veröffentlichte der Journalist David Leigh von der britischen Zeitung „The Guardian“ in einem Buch über Wikileaks das Passwort zur Entschlüsselung der Botschaftstelegramme. Er sei davon ausgegangen, dass es damals nur für wenige Stunden gültig gewesen sei, rechtfertigte sich Leigh am Donnerstag. Der CDU-Politiker Siegfried Kauder forderte, dass sowohl für klassische Medien als auch Internetplattformen jede Veröffentlichung tabu sein soll, die Menschen in Gefahr bringen kann. In schwerwiegenden Fällen müsse es möglich sein, gegen die Verantwortlichen zu ermitteln und auch abschreckende Strafen zu verhängen: „Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut, aber auch für sie gibt es Grenzen“, sagte Kauder in der Freitagsausgabe der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sprach sich gegen schärfere Strafvorschriften zum Geheimnisverrat aus. „Das würde das Ende des kritischen Journalismus in Deutschland bedeuten“, sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken am Freitag in Berlin. Tsp

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