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© Getty Images

US-Fernsehen: Showdown der Showmaster

Die US-Talker Jay Leno und Conan O’Brien streiten um Sendeplätze. Konkurrent David Letterman lacht.

David Letterman war bester Laune, als er am Dienstagabend das Studio seiner Late-Night-Talkshow betrat. Der Star des US-Fernsehsenders CBS hatte reichlich Material für seine Witze an diesem Abend und die Tatsache, dass er die Vorlagen von seiner ärgsten Konkurrenz geliefert bekam, machte die Sache für ihn umso genüsslicher. „Die ,New York Times’ meldet heute, Al Qaida habe Verantwortung für die Verwüstungen bei NBC übernommen“, scherzte Letterman auf der Bühne.

Die Verwüstungen, auf die er anspielte, sind Trümmer eines internen Kriegs zwischen den Talkmastern des Senders NBC, der mit seinem Sender rivalisiert. Letterman geht aus dem Clinch der Konkurrenten deshalb als lachender Dritter hervor.

Die Selbstdemontage von NBC begann vor etwa sieben Monaten, als der Sender Jay Leno, den jahrzehntelangen Erzrivalen von Letterman, von dessen angestammtem Sendeplatz um 23 Uhr 35 auf 22 Uhr vorzog. Sinn der Aktion: eine Kostenersparnis im immer härter werdenden Überlebenskampf der gebührenfreien Sender gegen das Kabelfernsehen. Um zehn Uhr laufen im US-Fernsehen gewöhnlich Krimi- oder Comedyserien, die pro Folge rund drei Millionen in der Produktion kosten. Das Talk-Format, einst von Leno-Vorgänger Johnny Carson in der seit 60 Jahren laufenden „Tonight Show“ erfunden und in der ganzen Welt kopiert, kostet nur rund 400 000 Dollar.

Lenos Sendeplatz vor Mitternacht wurde derweil an den frischeren Conan O’Brien vergeben, der ein junges Publikum anziehen sollte. Eine vielversprechende Taktik. Womit NBC nicht gerechnet hatte: um 22 Uhr will das Publikum weder Leno noch Late Night überhaupt. Denn um diese Zeit sind die Zuschauer eine spannende Serie gewöhnt, nur schwer lassen sich solche Gewohnheiten ändern. Das Ergebnis: Die Quote von Leno sank um bis zu 30 Prozent, die Werbeeinnahmen um 22 Prozent. Gleichzeitig wurde Lenos Show von Kritikern als immer schlechter empfunden: „Leno hat als Late-Night-Talker so viel Flair wie dein peinlicher Onkel Richard, der bei der Weihnachtsfeier Zaubertricks vorführt“, schrieb das Internetmagazin Salon.

Derweil konnte Newcomer O’Brien trotz eines ordentlichen Starts dem etablierten Letterman nicht das Wasser reichen. Lettermans lakonischer New Yorker Humor kommt sehr gut beim Publikum an – nicht einmal seine im vergangenen Herbst bekannt gewordenen Affären mit mehreren Angestellten konnten seiner Beliebtheit etwas anhaben. O’Brien hatte dagegen schlicht nicht die Zeit, sein eigenes Stammpublikum aufzubauen.

In der vergangenen Woche zog NBC die Notbremse und setzte die Show von Lettermans jahrzehntelangem Erzrivalen Leno ab. Zur Verwunderung der meisten Beobachter zögert der Sender jedoch, Leno zu entlassen und kokettiert mit dem Gedanken, ihn wieder um halb zwölf direkt gegen Letterman antreten zu lassen.

Conan O’Brien, der dann auf nach Mitternacht rutschen würde, machte diese Scharade genau drei Tage lang mit. Am Dienstag gab er bekannt, dass er NBC verlassen werde. Immerhin konnte er in seiner Sendung vom Dienstagabend schon wieder über sich selbst lachen: „Ich habe als Kind immer Johnny Carson gesehen und davon geträumt, seine Show einmal für sieben Monate zu moderieren.“

Sebastian Moll[New York]

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