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Medien: Verflucht und zugemüllt

Spam-Mails: Ein US-Urteil und keine Folgen

Sie gehören zu den Plagen des Computerzeitalters: Spam-Mails. Pro Tag sollen über 100 Milliarden dieser unerwünschten Werbebotschaften weltweit verschickt werden. Sie machen 80 Prozent des globalen E-Mails-Verkehrs aus, schätzt der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien. Nach dem aktuellen „Spam Report“ des Messaging-Experten Retarus bewirbt ein Drittel dieser Mails Viagra und ähnliche Präparate zur Optimierung der Manneskraft, knapp 20 Prozent preisen Luxusuhren und weitere Produkte zur Hebung des Selbstbewusstseins an.

Ein wirksames Gift gegen die Spam-Attacken ist noch nicht entwickelt – aber ein aktuelles Gerichtsurteil in den USA macht ein wenig Hoffnung. Die Internetplattform MySpace hat von einem Bundesgericht in Los Angeles eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 230 Millionen Dollar (149 Millionen Euro) wegen Überflutung mit unerwünschten Werbemails zugesprochen bekommen. Auch wenn unsicher ist, ob MySpace die Summe eintreiben kann, hofft das Netzwerk auf eine stark abschreckende Wirkung . „MySpace hat null Toleranz gegenüber denjenigen, die versuchen, auf unserer Seite illegal zu handeln“, sagte Hemanshu Nigam, Sicherheitschef von MySpace. Das Unternehmen bezeichnete das Urteil als „Meilenstein“.

Verurteilt wurden zwei der prominentesten Spammer, Sanford Wallace und Walter Rines. Wallace hat die Spitznamen „Spamford“ und „Spam King“. Bei MySpace hatten sie sich Zugang zu mehr als 300 000 Nutzer-Accounts verschafft.

Doch mehr als Genugtuung über die Verurteilung dürfte für E-Mail-Nutzer in Deutschland nicht herausspringen – obwohl es hier längst rechtliche Grundlagen gegen Spam-Mails gibt. So verbietet es das Wettbewerbsrecht, Mails zu Werbezwecken an Personen, Organisationen oder Firmen zu verschicken, wenn diese vorher nicht ihr Einverständnis gegeben haben. Und das Telemediengesetz verlangt, sogenannte kommerzielle Kommunikation in der Betreffzeile als Werbung zu kennzeichnen. Auch darf der Absender nicht verschleiert werden.

Theoretisch kann deshalb jeder gegen Personen oder Firmen klagen, die Spams versenden oder darin ihre Produkte bewerben. „Nur praktisch ist das kaum umzusetzen“, erklärt Fabian Reinholz von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Härting. Die tatsächlichen Hintermänner im Ausland seien nur schwer zu identifizieren. Der Ermittlungsaufwand wäre enorm – zumal, wenn jede einzelne der x-tausend Spam-Mails pro Tag verfolgt wird.

Eine wirkliche Handhabe gegen die Plage könnte deshalb eine „Briefmarke für E-Mails“ sein – eine Idee von Microsoft-Gründer Bill Gates, nach der jede versandte E-Mail beispielweise einen Cent kosten könnte. Das würde dem Spammer die Kosten-Nutzen-Rechnung verhageln. Nachteil: Alle E-Mail-Schreiber ohne Ausnahme müssten bezahlen. jbh/sop

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