Dieser Text könnte Ihr Leben verändern. Den Satz wollte ich schon längst mal geschrieben haben, aber heute passt er. Jedenfalls wenn Sie ein Facebook-Konto besitzen. Es heißt ja, soziale Netzwerke vereinfachten die Kommunikation. Manchmal ist leider auch das Gegenteil der Fall.
Da ist Kathrin D., wir kennen uns aus Hamburger Unizeiten. Sie kann Italienisch, brasilianischen Kampftanz und ganze Nächte durchquatschen. Als wir uns in Berlin zufällig wiedertrafen, versprach sie, sich ganz bald zu melden. Ich habe nie wieder von ihr gehört.
Da ist Ingo S., wir waren Freunde, bis er sich einen Aprilscherz erlaubte, den ich nicht mal meinem schlimmsten Feind antun würde. Okay, dem vielleicht schon.
Da ist Uwe K., der mir seit Jahren 60 Euro schuldet. Ich wollte ihm deswegen nicht hinterherlaufen, aber geärgert hat es mich schon, dass er einfach abtauchte.
Und schließlich ist da das Feld „Postfach“ auf Facebook, geschrieben in gefetteten, schwarzen Buchstaben, damit sie bloß keiner übersieht. Weil hier doch sämtliche Nachrichten der anderen Nutzer einlaufen. Dachte ich jedenfalls.
"Von allen Facebook-Frechheiten die unnötigste"

Vergangene Woche verklickte ich mich. Wollte das „Postfach“ öffnen, wie immer, drückte aber mit dem Cursor versehentlich ein paar Zentimeter weiter rechts – auf einen Ordner, dessen Existenz ich bisher gar nicht bemerkt hatte, weil die Buchstaben in allerblassestem Hellgrau gehalten sind und geradezu einladen, übersehen zu werden. Dieser Ordner heißt „Sonstiges“, und weil ich nun draufgedrückt hatte, entdeckte ich sie: Nachrichten von Kathrin D., Ingo S., Uwe K. und vielen weiteren. 26 Stück insgesamt, manche aus dem Jahr 2010, ich hatte keine von ihnen geöffnet, weil ich ja gar nicht wusste, dass es sie gab.
Kathrin D. hatte gleich zwei Mails geschickt. Die erste in freundlichem Ton, die nächste aggressiver: „also hee! du beschäftigter journalist. antworten könnteste aber trotzdem mal“.
Ich wüsste gern, wie viele Freundschaften der „Sonstiges“-Ordner weltweit auf dem Gewissen hat. Von allen Frechheiten, die sich Facebook in den vergangenen Jahren erlaubte, scheint mir diese die unnötigste. Offiziell laufen hier Nachrichten von Menschen ein, mit denen man nicht befreundet ist. Das soll vor unerwünschtem Spam schützen, und tatsächlich: In meinem Ordner fanden sich auch Beschimpfungen und wirre Nachrichten, etwa die einer hübschen Inderin namens Rose Khan: „Heeey .... Weisst noch wer ich bin. Schön dich gefunden zu haben“. Ich weiß leider nicht, wer sie ist. Vermutlich ein neuer Aprilscherz von Ingo S.
Ich habe alle angeschrieben, sogar Rose. Habe ihnen vom digitalen Bermudadreieck erzählt und sie gebeten, ihre Wut über mein Nichtmelden doch lieber auf den unfähigen Großkonzern umzulenken, der dafür verantwortlich ist. Mal schauen, ob sie mir das abkaufen. Und jetzt los. Prüfen Sie, ob dieser Text Ihr Leben verändert!
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