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Die Plattform für Videotagebücher soll sich über Werbung finanzieren.

© Tsp

Videotagebücher auf dbate.de: No Pets, no Porn

Lawinenabgänge, Bombardierungen oder eine Krebstherapie: Augenzeugen berichten von dort, wohin Journalisten nicht schnell genug oder gar nicht gelangen. Der Dokumentarfilmer Stephan Lamby hat dazu eine Webseite mit Videotagebüchern gestartet.

„Da haben wir noch mal Glück gehabt“, sagt der deutsche Himalaja-Bergsteiger, der mit seiner Kamera gerade den Abgang einer großen Lawine in einiger Entfernung festgehalten hat. Die Aufnahme gehört zum Dokumentarfilm „Das Mount-Everest-Problem“, der auf der neuen Internetplattform dbate.de, die am Dienstag startet, zu sehen ist. Bei den Berichten auf der Seite handelt es sich um Videotagebücher. In diesem Fall stammt das Material von Bergsteigern, in einem anderen Film haben zwei Frauen gefilmt, wie ihre Nachbarschaft in Donezk bombardiert wird, und in wieder einem anderen Film haben Fußballfans ihre Erlebnisse beim deutschen Sieg bei der Fußball-WM mit Smartphones zusammengetragen. Hinter dbate.de steht der Dokumentarfilmer Stephan Lamby, der gerade mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet wurde. Er reiht sich ein in die Riege derer, die nach neuen journalistischen Ausdrucksformen im Internet suchen.

Die Idee für dbate.de entstand während des Tsunamis in Japan vor drei Jahren. Anfangs war es kaum möglich, an Videomaterial zu gelangen. Geld von den Sendern für Aufträge gab es nicht, zudem war es schwer, während der Naturkatastrophe nach Japan zu gelangen. Was es gab, waren Videos von Augenzeugen, zudem konnten Skype-Interviews geführt werden. Der daraus entstandene Bericht ließ sich an einen Sender verkaufen.

Journalistische Videos statt Pets and Porn

„Das Interesse an journalistischen Videos im Internet steigt, das Angebot an Material, das derzeit von millionenfachen Katzen- und Baby-Videos und Pornos geprägt ist, kann da nicht mithalten“, sagt Lamby. „Mit den Videotagebüchern können wir sehr schnell sein“, sagt der Dokumentarfilmer. Damit lassen sich Bilder aus Welten finden, die für Journalisten nur schwer zu erreichen sind, weil sie entweder sehr weit entfernt sind, oder weil man aus anderen Gründen keinen direkten Zugang hat. So wie bei Videos von Krebskranken, die mit ihren Smartphones aus der Therapie heraus solche Tagebücher drehen, um anderen Menschen Mut zu machen. Oder bei den Reiseberichten von Nordkorea-Touristen, die an der Zensur vorbei Bilder liefern können. Die Arbeit der klassischen Fernsehkorrespondenten oder Dokumentarfilmer will Lamby dabei keineswegs ersetzen, sondern ergänzen. Über Werbeeinnahmen soll zudem mit der Plattform Geld verdient werden, nicht zuletzt als Kompensation für die sinkenden Einnahmen, denn auch die Sender müssen Geld sparen.

Die Plattform ist offen für Dritte. Das aus Berlin stammende Fernsehbüro arbeitet gerade an einem Videotagebuch zum Thema Ebola, das in Kürze auf dbate online gehen soll. Ein direktes Vorbild für die Seite gibt es nicht, anders als bei Vice wird auch nicht mit eingebetteten Journalisten in Krisengebieten gearbeitet. „Wir beschreiten damit tatsächlich Neuland“, sagt Lamby in Anlehnung an ein Merkel-Zitat. Kurt Sagatz
Die Videotagebuch-Plattform unter: www.dbate.de

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