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Medien: Vor dem Verzicht kommt der Konsum

Vor 100 Jahren eröffnete die junge italienische Ärztin Maria Montessori im römischen Arbeiterviertel San Lorenzo ein Haus für Kinder. Nichts sollte an die damals übliche Kindererziehung erinnern.

Vor 100 Jahren eröffnete die junge italienische Ärztin Maria Montessori im römischen Arbeiterviertel San Lorenzo ein Haus für Kinder. Nichts sollte an die damals übliche Kindererziehung erinnern. Keine Zurichtung für die Bedürfnisse der Industriegesellschaft, weder Angst noch Drill. Dafür die Suche nach dem „inneren Bauplan“ des Kindes, Vertrauen auf dessen „Selbstbildungstriebe“. Montessoris Programm einer pädagogischen Liebe, die Ordnung und Disziplin nicht ausschließt, wurde ein Welterfolg. Lenin nannte es kommunistisch, die Sozialdemokraten waren begeistert, Papst Johannes Paul II. sah darin eine echt katholische Angelegenheit. In ihrem Feature „Freude, Freiheit, Verantwortung“ erzählt Autorin Susanne Mack über die verschlungenen Wege der Montessori-Pädagogik (Deutschlandradio Kultur, 3. Januar, 19 Uhr 30, UKW 89,6 MHz).

Einerseits ist trinken eine ziemlich banale Angelegenheit. Andererseits kann man darüber eine ausufernde Kulturgeschichte schreiben. Wie der Durst zum Menschsein dazugehört und was die Kultur mit diesem Bedürfnis alles anstellt. Beim Deutschlandfunk gibt es jetzt eine siebenteilige Reihe, die allein der menschlichen Flüssigkeitsaufnahme gewidmet ist. In sieben Features erfährt der Wissensdurstige fast alles über Kultur und Natur unseres Trinkverhaltens. Das Leben als Flüssigkeitsdurchlauf, die Tricks der Getränkeindustrie, Trinkrituale in der Politik und vieles mehr. Zum Auftakt der Reihe erzählt Dieter Jandt in seinem Feature „Strange Drinks“ von Zaubertränken aller Art: Schwalbenspucke, flüssiges Gold, Blut, Urin (Deutschlandfunk, 7. Januar, 20 Uhr 05; weitere Folgen immer sonntags um 20 Uhr 05).

Ist Ehre ein altertümliches Gut? Haben heute nur noch weltfremde Finsterlinge eine Ehre im Leib, die ihnen dann so abscheuliche Dinge wie einen Ehrenmord auferlegt? Oder gehört intaktes Ehrgefühl auch in modernen, aufgeklärten Zeiten zu jeder gesunden Seele? In seinem Feature „Worte, Morde, Doktorwürden“ untersucht Rolf Cantzen die widersprüchlichen Diskurse zum Thema. Die einen nennen Ehre eine Tertiärtugend, andere sehen darin noch immer brisanten Stoff, der unsere politische Zukunft bestimmen wird. Ehre ist ein dunkles Wort. Aber keines, das wir einfach so aus unseren Wörterbüchern streichen könnten (Deutschlandradio Kultur, 4. Januar, 19 Uhr 30).

Endlich einfach leben. Raus aus den Höllen des Konsums. Auf Wohlstand und Komfort verzichten, dafür Freiheit und Glück gewinnen. Solche Sehnsüchte haben in Deutschland Konjunktur, die einschlägigen Ratgeber zum Thema landen fast alle auf den Bestsellerlisten. Im Feature „Ich muss dem Tag keinen Plan mehr geben“ porträtiert Cornelia Beuel eine Frau, die es geschafft hat. Die 58-jährige Anne Donath ist studierte Lehrerin, war verheiratet, führte eine zeitgenössische Jedermannsexistenz. Nun wohnt sie in einer Holzhütte ohne Strom und Telefon, fährt nicht Auto, geht nicht mehr shoppen. Im Feature erzählt sie, warum sie trotzdem glücklich ist und keine Angst vor der Zukunft hat (Deutschlandfunk, 5. Januar, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Der Berliner Medienprofessor Norbert Bolz hat einige sehr provokante Bücher geschrieben. Eines davon wird vom Verlag in einem leuchtend roten Umschlag vertrieben. Der Titel erinnert an die berühmteste Schrift der kommunistischen Historie. Aber Bolz preist in „Das konsumistische Manifest“ die befreiende Kälte des Marktes und die friedensstiftende Macht eines weltumspannenden Geldverkehrs. Konsum, sagt Bolz, sei nicht die schlechteste unter den heute florierenden Ersatzreligionen. Wer lustvoll konsumiert, ist für Ideen und Ideale eines terroristischen Fundamentalismus verloren. In einem Radiovortrag erläutert Bolz, warum der Konsum besser ist als sein Ruf (SWR 2, 9. Januar, 21 Uhr 03, Kabel UKW 107,85 MHz).

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