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Vorabendprogramm: Lässig durch Bochum

Das ZDF startet die neue Krimiserie „Heldt“ mit Kai Schumann. Auf die gängigen Klischees vom Ruhrpott wird glücklicherweise verzichtet.

Der Kommissar ist zappelig, knabbert ständig Nüsse und hat einen Spielzeugtick. „Für Heldt ist es wichtig, die Welt als Spielplatz zu erhalten“, sagt Darsteller Kai Schumann. Den Spielplatz stellt das ZDF zur Verfügung, mit der neuen Krimireihe „Heldt“ füllt der Sender die Pause von „Notruf Hafenkante“ am Donnerstagvorabend. Nach sechs Folgen wird Bilanz gezogen, aber an den Büchern für eine zweite Staffel wird schon gearbeitet, sagt Redakteurin Elke Müller. Was nicht heißt, dass sie auch gedreht und ausgestrahlt werden. Dafür muss erst einmal die Quote stimmen.

Das ZDF feilt jedenfalls weiter an der Breite seines Krimi-Repertoires, an der kein Vollprogramm im krimiverrückten Deutschland vorbeikommt. „Heldt“ bestätigt dabei den Trend zu männlichen Hauptfiguren, „die etwas von der Linie abweichen“, untertreibt Produzentin Astrid Quentell. Die Idee hatten die Autoren angeblich schon vor dem Erfolg der Sat-1-Serie „Der letzte Bulle“, aber ein Vergleich drängt sich dennoch auf: „Der Bulle ist ein Macho, der Heldt ist ein Kind“, beschreibt Quentell die unterschiedlichen Charaktere. Und das ZDF bemüht sich erkennbar, am Vorabend einen jüngeren, flotteren Eindruck zu hinterlassen – mal abgesehen von dem mäßig originellen Helden-Wortspiel im Titel. Die beiden Hauptdarsteller, der 36-jährige Kai Schumann („Doctor’s Diary“) und die 38-jährige Janine Kunze („Hausmeister Krause“, „Die dreisten Drei“), sind auch dem Privatfernsehpublikum nicht unbekannt.

Etwas anstrengend ist die musikalische Schnipselei, es ist, als hänge der Himmel über der Ruhr voller Gitarren. In der Fülle der kurz angespielten Pop-Fetzen geht sogar leicht unter, dass in jeder Folge auch ein Grönemeyer-Song untergebracht wird. Logisch, der Schauplatz ist Bochum, doch da Pott-Klischees glücklicherweise vorerst unterbleiben, bleibt der Ort im Grunde undefinierbar. Kommissar Nikolaus Heldt fährt auch keinen Opel, sondern einen alten, roten Benz, als würde er durch Schwabing kurven.

Die Reihe lebt nicht von raffinierten Krimiplots, sondern vom Wortwitz und den Flirts und Rempeleien des Ermittlertrios. Heldt, ein gut aussehender, lässiger Typ, nervt seinen notorisch korrekten Vorgesetzten Grün (Timo Dierkes) mit regelmäßigen Dienstverstößen. Denn wenn es ungerecht zugeht in der Welt, kennt Heldt kein Halten, bricht ein, um Beweisstücke zu sichern, und jagt, wie zu Beginn der ersten Folge „Explosive Fracht“, den Jaguar eines Gangsterbosses mit einer Handgranate in die Luft.

Dieser Auftritt zur Einführung der Figur ist zwar furchtbar dick aufgetragen, wirkt aber wie ein ironisches Zitat auf all die supercoolen Superhelden, zumal Heldt auch in den weiteren Folgen gerne wie der Retter in der Not in letzter Sekunde hereinplatzt. In Folge drei („Tod in der Nachbarschaft“) etwa paukt Heldt seinen Kumpel aus dem Gefängnis, den Wirt seiner Stammbar „Carlo’s“, die sein zweites Wohnzimmer zu sein scheint. Heldt muss einiges einstecken, gibt aber nie auf und hat immer eine Idee. Allerdings hat die Hauptfigur auch eine weniger sonnige Seite: Nach und nach kommt heraus, dass er seine Eltern auf tragische Weise verloren hat. Vorerst spielt Schumann jedoch seine Rolle mit sympathischer Leichtigkeit und kindlicher Naivität. Der Kommissar gebärdet sich nicht wie ein zorniger Rächer, er tut Gutes und hat Spaß dabei.

Und der wird umso größer, da mit Staatsanwältin Ellen Bannenberg (Janine Kunze) eine attraktive Vorgesetzte auf den Plan tritt. Hier der verspielte Single, dort die alleinerziehende Mutter und Karrierefrau. Es knistert durchaus, dazu hätte es die gleich zum Auftakt ins Spiel gebrachten erotischen Fotos von der Staatsanwältin, die einst „Miss Mai“ gewesen ist, gar nicht gebraucht. Aber wenn das ZDF mal kess sein möchte, dann ist es schwer zu bremsen. Thomas Gehringer

„Heldt“, ZDF, 19 Uhr 25

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