zum Hauptinhalt

Medien: Vorleser der Nation

Dan Rather geht als Anchorman der CBS-News

Die Tränen kamen erst, als die Kameras schon auf Abstand gegangen waren und die Kollegen ihn mit minutenlangen Applaus verabschiedeten. Bis dahin hatte Dan Rather, 73, der sich am Mittwochabend nach 24 Jahren als Anchorman der „CBS Evening News“ verabschiedete, seine Emotionen gut im Griff. „Mut“ war das letzte Wort, dass er in seiner Position als Vorleser der Nation an seine Zuschauer sendete. Mut wünschte er dem nach den Anschlägen vom 11. September 2001 immer noch leidenden Land, den Soldaten im Feld, den finanziell Belasteten und gesundheitlich Angeschlagenen. Und ein bisschen wahrscheinlich sich selbst.

In Rather verlieren die Konservativen in Amerika ihr Paradebeispiel für den Vorwurf, die Medien seien linksliberal eingestellt. Er war es, der sich mit Präsident Richard Nixon im Zuge des Watergate-Skandals berühmt gewordene Wortgefechte lieferte. Er war es, der dem damaligen Vizepräsidenten George H. Bush auf dem Höhepunkt der Iran-Contra-Affäre vorwarf, er habe das Land in den Augen der Welt zum Gespött gemacht. Und er war es auch, der in einem Magazin-Beitrag auf dem Höhepunkt des Präsidentenwahlkampfes 2004 Dokumente vorlegte, die beweisen sollten, dass George W. Bush sich vor dem Militärdienst in Vietnam drückte. Die Dokumente stellten sich als falsch heraus, spät, viel zu spät gestand das auch Rather ein.

Rather war zunächst Reporter. Er war dabei, als Präsident John F. Kennedy 1963 in Dallas ermordet wurde, er berichtete live vom blutigen Kampf der Schwarzen im Süden für ihre Bürgerrechte. Er verkleidete sich in Afghanistan wie die Freiheitskämpfer und zog mit ihnen gegen die russische Armee ins Feld.

Auch als Rather 1981 die Abendnachrichten von Walter Cronkite übernahm, hielt es ihn nicht in New York. Wieder und wieder zog er mit seinem Nachrichtenstudio los – und seine Konkurrenten mussten hinterher. „Dan hat sein Pferd immer gesattelt“, sagt Tom Brokaw, seit kurzem pensionierter Anchorman von NBC. Von den Liberalen geachtet, von den Konservativen gehasst und von seinem Arbeitgeber zuletzt als Bürde empfunden, zieht er sich nun zurück. Magazin-Beiträge will er weiter verfassen – so lange sie ihn noch lassen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false