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Medien: Vorsicht! Werbung: Werbemüll

Viele Fernsehzuschauer stellen sich die Frage: Wer macht sie eigentlich, diese katakombenschlechten TV-Spots, die uns jeden Abend auf den Zeiger gehen? Sind das Schulkinder oder Hausfrauen im Nebenerwerb?

Viele Fernsehzuschauer stellen sich die Frage: Wer macht sie eigentlich, diese katakombenschlechten TV-Spots, die uns jeden Abend auf den Zeiger gehen? Sind das Schulkinder oder Hausfrauen im Nebenerwerb? Keineswegs. Die würden fröhlichere Filmchen abliefern. Tatsächlich waren ausgebuffte Profis am Werk. Die meisten sogar mit Hochschulabschluss.

Am Anfang eines schlechten TV-Spots steht das so genannte Briefing. Darin sagt der Auftraggeber, was in 20 oder 30 Sekunden alles gesagt werden muss: "Der knusprig krosse Schokoriegel mit dem knackigen Kern." Das aber bitte zweimal, wegen der Durchsetzung. Damit sind 10 von den 20 oder 30 Sekunden bereits werblicher Müll. Trotzdem versuchen die Kreativen in den Werbeagenturen irgendwas Leckeres, zumindest aber Lustiges daraus zu machen.

In mehreren Teams entwickeln sie bis zu 30 Spot-Ideen. Die werden nun aussortiert. Alle witzigen wandern in den Papierkorb, weil sie zu mutig, also nur schwer zu verkaufen sind. Die fünf oder sechs langweiligsten aber kommen weiter und gelangen zum Kunden. Der sucht mit sicherem Blick den schlechtesten Vorschlag aus und schickt ihn durch die hausinternen Instanzen. Das Ergebnis ist die berühmte Wollmilchsau, ein werblicher Homunkulus also, dicht am Zombie. Die Kreativen unternehmen zwar noch diverse Rettungsversuche. Die bekommt der Kunde aber nicht zu sehen. Schließlich ist der Agenturchef heilfroh, dass der Spot lebt. Kreative Korrekturen könnten die Missgeburt allenfalls gefährden.

Den Rest besorgt der Test. Potenzielle Fernsehschauer werden nach Ihrer Meinung zum wunderbaren Knusperteil befragt - und finden es trefflich. Dafür sorgt das Testinstitut, indem es alle Fragen so stellt, dass kein anderes Urteil möglich ist. So einfach geht das.

Reinhard Siemes

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