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Thomas Gottschalk auf der Couch mit Anna Netrebko und ihrem Mann Erwin Schrott.

© AFP

Wetten dass...: Gottschalk zeigt Größe - die Sendung nicht

Bei der letzten regulären "Wetten dass...?"-Sendung bewahrt Thomas Gottschalk trotz grenzwertiger Gästeliste die Fassung. Doch zusammen mit dem Entertainer nimmt das ZDF auch Abschied von einer einstmals guten Quote.

Drei Namen. Haben die vom ZDF jetzt gesagt. Drei Namen werden nur noch gehandelt für die Nachfolge von Thomas Gottschalk. Und einen dieser drei Namen wird dann ab 2012 der neue Moderator von "Wetten, dass...?" tragen, denn obwohl das am Samstag die letzte reguläre Show mit Gottschalk war, folgt im Juni noch die Sommerausgabe und drei Rückblicksendungen im Herbst aus Anlass des 30-jährigen Jubiläums. Die Zeit wolle man auch nutzen, heißt es im Sender, um über mögliche Veränderungen nachzudenken. Sie werden bitter nötig sein.

Im Prinzip bewies der Samstagabend: "Wetten, dass...?" ist ohne Thomas Gottschalk nicht zu ertragen – wer das Gegenteil behauptet, hat keine Ahnung vom Job des Entertainers, des Moderators – und auch nicht davon, was moderne Fernsehunterhaltung heute sein muss, sein könnte – und leisten sollte. Dass das ausgerechnet im deutschen Fernsehen so wenige wissen, konnte man gerade an diesem Wochenende gut beobachten: RTL startete am Freitag mit "The Cube" eine Spielshow, die genau so bescheuert ist, wie es der Name vermuten lässt. Als Moderatorin verschleudert hier Nazan Eckes ihr Resttalent, und es hat schon etwas tragisches, dass ausgerechnet sie, die mal Anlass für Hoffnung gab, so einen Unfug mitmacht.

Parallel dazu lief auf Sat.1 wieder einmal "Die perfekte Minute", von einer gewissen Ulla Kock am Brink so präsentiert, als gelte es auf dem Fischmarkt verderbliche Ware loszuwerden. Und das aber nun das ZDF in der Lage sein soll, sich ein neues, schlüssiges, gutes, zukunftsfähiges Konzept für "Wetten, dass...?" auszudenken, kann man nicht glauben, wenn man miterlebt hat, was der Sender am Freitag zur Hochzeit von William und Kate angerichtet hat. Während es die ARD für den Zuschauer ertragbar gemacht hat, schafften es die Mainzer, daraus eine Karnevalssendung zusammenzuschustern – die irrwitzige Annahme, dass eine Frau wie Andrea Kiewel vor eine Kamera gehört, lässt nur das Schlimmste ahnen für die Moderatorenvergabe von "Wetten, dass...?"

Ist Kiewel einer der Namen? Jörg Pilawa und Markus Lanz dürften als Kandidaten feststehen. Hape Kerkeling wird nicht wollen – wer käme also noch in Frage? Dass man dem ZDF zutraut, über Ina Müller nachzudenken, spricht nicht gerade für den Sender – allerdings sind diese Probleme hausgemacht, jahrelang wurde es versäumt, Nachfolger für die Samstagabendshows aufzubauen, die ARD hat es da nicht besser gemacht. Und wenn doch einmal eine Chance besteht, etwas zu wagen und damit vielleicht sogar zu gewinnen, fehlt der Mut: Natürlich hätte man Kurt Krömer die Moderation von "Verstehen Sie Spaß?" geben müssen – man gab sie dem Büttenredner Guido Cantz.

Mit Gottschalk verabschiedet sich nämlich auch einer aus der "Goldenen Generation", die in diesem Fall allerdings auch nur aus drei Männern besteht: Gottschalk, Günther Jauch, Harald Schmidt. Sie alle begannen ihre Fernsehkarrieren in den 80er Jahren, zunächst mit kleineren Formaten, da konnten sie sich ausprobieren, da konnten sie scheitern – aber damals galt das gesamte Motto des Jahrzehnts – "Anything goes" – eben auch noch für das Fernsehen. Jauch wird in diesem Jahr 55, Harald Schmidt 54 und Gottschalk feiert in gut zwei Wochen seinen 61 Geburtstag – hoffentlich wird das Fest rauschender als "Wetten, dass...?" am Samstagabend.

Niemand mag nach dem Unfall von Samuel Koch ernsthaft Kritik daran üben, dass die Wetten harmlos bis zur Langeweile sind – aber gerade dann sollte sich die Redaktion schon etwas Mühe geben mit den Gästen: Außer dem Schauspieler Hugh Laurie, der auch als Musiker überzeugte, saßen auf dem Sofa nur Menschen, die man bei sich zu Hause nicht reinlassen würde: Die Paare Jan Josef Liefers/Anna Loos und Anna Netrebko/Erwin Schrott zerstörten im Alleingang die Vorstellung, die alle Sender noch am Freitag bei der Hochzeit vermittelt hatten: dass Ehe etwas Schönes ist.

Désirée Nick kam mit einem Mann, dessen Name und Funktion man sofort wieder vergessen hatte – warum passiert das einem nie bei der Nick? Bei solchen Gästen muss man als Gastgeber auch erstmal die Fassung bewahren – am Samstagabend Gottschalks größte Leistung. Doch wie sehr seine Redaktion bei der Gestaltung der Sendung versagte, spiegelte die Quote wider: Nur 7,38 Millionen Zuschauern schalteten ein – so wenige wie nie zuvor. Trotz dieses Tiefs holte Gottschalk am Samstag mit einem Marktanteil von 25,1 Prozent den Tagessieg noch vor Dieter Bohlens Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ auf RTL, die 5,23 Millionen Zuschauer erreichte (Marktanteil 17,8 Prozent).

Was also bleibt von dieser letzten regulären "Wetten, dass...?"-Ausgabe mit Thomas Gottschalk? Vielleicht dann doch die etwas erschreckende Erkenntnis, dass es sich Angesichts vergleichbarere Formate und in Anbetracht der Nachfolgermöglichkeiten, um einen Höhepunkt der deutschen Fernsehunterhaltung gehandelt hat, dessen Verlust wir irgendwann einmal erklären müssen. Vor allem uns selbst.

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