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Medien: Wetten oder nicht Wetten, dass..?

Über Jahre und Jahrzehnte war das ausgemachte Sache. Wenn die Berlinale tobt, drängeln sich die Filmstars auf dem Sofa von „Wetten, dass.

Über Jahre und Jahrzehnte war das ausgemachte Sache. Wenn die Berlinale tobt, drängeln sich die Filmstars auf dem Sofa von „Wetten, dass..?“. An diesem Wochenende, am 11. Februar 2012, fällt die fernsehgemäße Aufarbeitung des Festivals aus – kein „Wetten, dass..?“. Vor einem Jahr, genau war es der 12. Februar, sagte Thomas Gottschalk der ZDF-Show Adieu. Nach dem schweren Unfall des Wettkandidaten Samuel Koch könne er nicht weitermachen wie bisher. Es liege „ein Schatten auf der Sendung“. Gottschalks anschließende Abschiedstournee dauerte bis Dezember, Applaus bis zur Verehrung vergoldete das Finale.

Seitdem laufen zwei Dramen parallel. Thomas Gottschalk müht sich mit seiner Tagesshow im Ersten, nicht vergessen zu werden, das Zweite müht sich, doch noch eine Nachfolgeregelung zu finden, damit „Wetten, dass..?“ nicht vergessen wird.

Alles wird gut, heißt es beständig aus Mainz. Erst einmal ging alles schief. Der Favorit Hape Kerkeling wollte nicht, nachdem es lange so ausgesehen hatte, als wolle er nichts anderes. Danach sagte jeder und jede ab, der/die auch nur halbwegs mit Europas erfolgreichster Show in Verbindung gebracht werden konnte. Jörg Pilawa erklärte schon zwei Mal seinen Verzicht, wahrscheinlich wird er es noch ein drittes Mal tun. Das ZDF hat keinen Nachwuchs, und jetzt, nach dem „Shitstorm“ an Absagen, hat es nur Markus Lanz in der Kulisse. Lanz ist der menschenfreundlichste Talker im Deutsch-TV, und damit sollte er es auch gut sein lassen.

Die Grundfrage ist nicht Gottschalk und auch nicht der Nachfolger, die Grundfrage ist, ob „Wetten, dass..?“ auf den ZDF-Schirm zurückkommen muss. Spürt das Publikum einen riesigen Verlust, ist der Abschiedsmoment zum Dauerschmerz geworden? Wäre ein 11. Februar 2012 erst dann perfekt, wenn Glanz, Glamour und Spektakel in die Wohnzimmer übertragen würden?

Die Kundigen sagen, das Fernsehen hätte sein einzigartiges Fluidum, das berühmte Alleinstellungsmerkmal längst eingebüßt. Fernsehen passiert nur, wenn der Apparat eingeschaltet wird. Es gibt keine Vorfreude, keine Nachfreude mehr, es ist in den Alltag eingespeist wie Frühstücken, Arbeiten, Schlafen. Den Fernseher einzuschalten, ist so einzigartig geworden wie das Lichtanmachen. Eine Gewohnheit, keine Passion.

Für die Fernsehmacher heißt das: Das Publikum ist schwer auszurechnen, irrt aber selten. Die Zuschauer urteilen gnadenlos und kennen keine Dankbarkeit.

Das ZDF steht vor der Aufgabe des Jahres: Über die Anfangsneugier hinaus, ob der Neue das neu konzipierte „Wetten, dass..?“ stemmen, ob die Show eine fortdauernde Anziehung beim Publikum erzeugen, den Vergleich mit Gottschalks „Wetten, dass..?“ bestehen kann. Das Zweite gibt Tag für Tag zu verstehen, dass der Sender die Herausforderung bewältigt. Im Klartext: lieber eine ehrenvolle Niederlage, als gar nicht antreten.

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