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Medien: „Wir müssen spinnen dürfen“

Der Produzent Otto Meissner über erfolgreiches Arbeiten fürs Fernsehen

Herr Meissner, was macht einen erfolgreichen Produzenten aus?

Ein guter Einfall.

Der wäre?

Das hängt sehr stark vom Markt ab. Derzeit sind wieder Familienserien gefragt wegen der absoluten Harmoniesucht der Zuschauer. Mir würde schon etwas ähnliches einfallen wie damals „Ich heirate eine Familie“ mit Peter Weck.

Ändert sich der Geschmack sehr rasch?

Allerdings. Jetzt sind Menschlichkeit, Wärme angesagt. Das sehen Sie sehr deutlich am Sonntag, wenn die Pilcher- und Link-Filme im ZDF mit dem „Tatort“ im Ersten sehr gut Schritt halten können. Der Krimi geht noch, keine Frage, aber nicht mehr mit der früheren Härte.Was für alle Genres gilt: Konflikte müssen heute wirklich ausgetragen werden. Die Geschichten müssen ganz klar sein, sie müssen über die Figuren, die Charaktere erzählt werden, sie müssen einen Bezug zur Realität haben. Für sehr viel Fiction reicht die Fantasie der Leute nicht.

Was im derzeitigen Programm erfüllt Ihre Erwartungen?

Eine ganze Menge. „Um Himmels Willen“ mit dieser Don-Camillo-und-Peppone-Situation ist für den Zuschauer sehr spannend. Das haben wir vor Jahren schon gemacht mit Thekla Carola Wied in „Wie gut, dass es Maria gibt“. Das heißt: Es kommt immer wieder das Gleiche.

Wechseln sich die Zyklen denn immer schneller ab?

Das hängt wesentlich von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation ab. Dadurch, dass die Leute den Euro drei Mal umdrehen und mehr zu Hause sind, verändern sich auch die gesamtgeschmacklichen Situationen.

Zum Besseren oder zum Schlechteren?

Teils zum Besseren. Weil die Leute mehr Zeit haben, etwas zu sehen, und deswegen besser beurteilen können.

Und zum Schlechteren?

Es fehlt Komik, und es fehlt Humor.

Dabei ist das deutsche Fernsehen mit Comedy zugestopft.

Das pointenreiche Schreiben bleibt schwierig. Uns fehlen einfach die jüdischen Autoren. Die hatten Humor.

Welchen Anteil hat ein Produzent am Erfolg einer Serie, eines Films, einer Show?

Er muss die Grundidee mitbringen, das Drehbuch, die Durchführung mit der richtigen Besetzung und dem richtigen Regisseur zum richtigen Zeitpunkt.

Und wer verhindert einen Erfolg?

Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Es gibt bei den Auftraggebern Mitarbeiter, die sind zum Teil sehr trocken und sehr spröde. Sie sind von Ideen, von Änderungen eines Konzeptes nur schwer zu überzeugen. Gutes Fernsehen machen zu können, heißt doch: spinnen zu dürfen.

Statt der unabhängigen Produzenten dominieren heute die konzerngebundenen Firmen. Schadet das den Produktionen?

Größe entscheidet nichts, allerdings ist bei den kleinen Firmen noch viel entscheidender, wer sie führt.

Sollen ARD und ZDF eigene Produktionsunternehmen unterhalten dürfen?

Wenn diese öffentlich-rechtlichen Firmen arbeiten und sich finanzieren müssten wie selbstständige Produzenten, wäre wenig dagegen zu sagen. Da sie aber öffentlich-rechtliche Anstalten sind, müssen sie das nicht.

Welche Zukunft sehen Sie für das Studio Babelsberg?

Da bin ich sehr skeptisch, weil die Auslastung eines solchen Studios eine wahnsinnig schwierige Angelegenheit ist. Heute noch schwieriger, weil die meisten Produktionen in reale Dekorationen gehen und nicht ins Studio.

Wenn Studio Hamburg, das bereits Studio Berlin betreibt, zusätzlich Babelsberg übernehmen könnte: Würde das die Situation in Potsdam grundlegend verbessern?

Ich würde erst mal schauen, ob nicht eine Filmproduktionsfirma für den Standort zu gewinnen wäre, die mit internationalen Koproduktionen für eine bestimmte Auslastung sorgen könnte. Dazu bräuchte es natürlich Produzenten vom Schlage eines Jan Mojto oder früher Leo Kirch. Ansonsten funktioniert das nicht.

Das Gespräch führte Joachim Huber.

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