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Medien: „Wir suchen Nachwuchs“

Wie WDR-Unterhaltungschef Axel Beyer die ARD verändern will

Sie waren auch mal bei Endemol, dort unter anderem als Produzent für „Big Brother“ verantwortlich. Bringen Sie das Format jetzt zu den ÖffentlichRechtlichen mit?

ARD und ZDF müssen mit Menschen anders, sensibler und verantwortungsbewusster umgehen. Wir wollen sie nicht hochjubeln und wieder fallen lassen. Das Publikum beurteilt uns moralischer als die kommerziellen Sender. Und darauf sind wir stolz. Das heißt nicht, dass Unterhaltung staatstragend daherkommen muss.

Haben Sie schon ein paar konkrete Ideen?

Ich werde einen Teufel tun und jetzt über konkrete Programme reden.

Auch die ARD scheint das erfolgreiche Modell der Casting-Shows à la „Superstar“ übernehmen zu wollen, unter anderem im Zusammenhang mit dem Schlager-Grand-Prix.

Es ist Sache des NDR, ob und wie der Grand Prix verändert werden könnte. Ich denke nicht, dass das Heil darin liegt, schlechte „Superstar“-Kopien abzuliefern. Wir können aber beobachten, nicht zuletzt seit dem angefeindeten „Big Brother“, dass sich die Zielgruppe der Generation bis Mitte 20 gerne an Sendungen aktiv beteiligt. Das muss nicht unbedingt etwas mit Casting zu tun haben. Das „Schwarzwaldhaus“ in der ARD hat gezeigt, dass Real-People-Formate auch anders aussehen und trotzdem erfolgreich sein können. Es wäre aber Unfug, wenn man beim „Musikantenstadl“ Telefon-Voting einführen würde.

Wie steht es um das WDR Fernsehen?

Wir müssen die lange Zeit nicht sorgfältig betriebene Gesichterpflege wieder intensivieren. Außer Bettina Böttinger und dem „Zimmer frei“-Duo Götz Alsmann und Christine Westermann gibt es kaum jemanden.

Das ist im Ersten nicht viel anders. Wenn der Sender bei der Unterhaltung, wie viele sagen, in der zweiten Liga spielt, ist er dann für prominente Unterhalter noch attraktiv genug?

Wir sind in einer anderen Liga als die Privaten, aber ich meine damit weder zweite Liga, noch meine ich das in irgendeiner Form larmoyant. Wir haben einfach ein anderes Programmbewusstsein. Wenn sie gute Programme haben, kriegen sie auch gute Leute. Pilawa ist ja weiß Gott keine schlechte Adresse. Wir suchen auch weiterhin nach fähigen Nachwuchskräften, brauchen aber auch die entsprechenden Programmflächen.

Was ist mit Jürgen von der Lippe, dessen Produzent Sie waren?

Jürgen von der Lippe ist dann gut, wenn man für ihn das richtige Format findet. Welches das richtige Format ist, diskutiere ich intern.

Der ARD-Programmchef Günter Struve hat gefordert, den Samstagabend zu „rekultivieren“. Kehrt die große Show zurück?

Diese Form ist nicht mehr zeitgemäß. Längen werden im Programm nicht mehr geduldet, das Publikum ist ungeduldiger geworden. Die 90 Minuten sind Events wie großen Preisverleihungen oder dem Grand Prix vorbehalten und natürlich dem „Musikantenstadl“ mit seiner hohen Akzeptanz beim Publikum. Warum sollte man es nicht machen wie RTL: zwei 60-Minuten-Shows, die gut zueinander passen, nacheinander ausstrahlen? Damit hatte sich der Sender den Samstagabend wunderbar erobert, aber es ist kein Naturgesetz, dass er ihn behalten muss.

Welche Trends sind in der Unterhaltung erkennbar?

Die Real-People-Formate sind das eine. Das andere ist die Beobachtung, dass es offenbar wieder Interesse gibt, sich mit etwas härteren Themen zu beschäftigen, mit Schwarz- statt mit Weißbrot. Die ARD startet zum Beispiel „W wie Wissen“. Dieses Format stammt zwar nicht von den Unterhaltern, aber die Unterhaltung sollte sich überlegen, ob sie nicht stärker in dieses Feld vorstößt.

Ranga Yogeshwar wird Mitarbeiter der Unterhaltungsredaktion?

Er könnte es. Mittlerweile bedienen sich alle Ressorts unterhaltender Mechanismen, auch Dokumentaristen, Wissenschaftler, die Kultur. Da sage ich: Warum soll auch ich mich nicht anderer Disziplinen bedienen?

Das Gespräch führte Thomas Gehringer.

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