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Trost für Jose Gimenez, Uruguay.

© AFP

WM 2018: Von Tor zu Tor: Trost? Unsinn? Bilder und Töne des WM-Tages

Unser WM-Kolumnist erklärt, warum es so einfach ist, aus dem Fernsehsessel den wahren Sachverhalt zu erkennen.

Es ist ja nun in den vergangenen Tagen viel spekuliert und auch gelästert worden über vermeintliche Zusammenhänge von Fußball und gesellschaftlichen, politischen Zusammenhängen. Über Versprecher und Fehler von Fußball-Kommentatorinnen, (da sind, rein sprachlich, die Fußball-Kommentatoren enthalten) – by the way, der Job, live ein Fußballspiel zu kommentieren ist alleine schon aus der Schnelligkeit des Spiels kein leichter, viel leichter ist es, nach mehreren Zeitlupen aus dem Fernsehsessel den wahren Sachverhalt zu erkennen. Das Oliver Schmidt beim Spiel der Uruguayer gegen Frankreich gleich mehrfach den Vertreter des südamerikanischen Stars Cavani nicht namentlich nur als „Vertreter Cavanis“ kannte? Geschenkt, hätten wir es gewusst?

Aber was waren die Bilder des gestrigen Viertelfinales? Die Tränen von Gimenez, der schon fünf Minuten vor Abpfiff keine Chance mehr sah für sein Uruguay und losheulte? Oder die innige Umarmung von Frankreichs Coach Deschamps mit dem alternden schwerkranken Uruguayer Tavarez, Blicke voller Achtung, voller Verehrung, voller Liebe?

Ach, Fußball ist auch im Fernsehen so viel mehr als kleinkrämerische Kritik an Kommentatoren-Fehlern. Und wer sich lustig macht über irgendwelche Zusammenhänge, der negiert auch die Bedeutung, die das Wunder von Bern für das Selbstwertgefühl der Deutschen nach dem vorherigen Selbstwertverlust hatte, der leugnet auch die positive Ausstrahlung der fröhlichen WM 2006 in Deutschland. Und der will auch nicht wissen, welch integrative Kraft ausgeht von Belgiens Sieg über Brasilien.

Dass Bela Rethy, selbst Integrations-Kind, nicht eigens erwähnte, dass Flamen und Wallonen und Kolonisationskindern gelang, was vorher den Basken, Katalanen und monarchischen Spaniern, was Niederländern und Surinamesen, Franzosen und Kolonialnachfahren und Deutschen und zugewanderten Özils, Podolskis und Kloses gelang, dass Bela Rethy, bei allem kommentatorischen Unsinn, der ihm sonst  rausfällt, das nicht erwähnte, ist aller Ehren wert und Beleg für die umspannende Kraft des Fußballspiels. Integration sollte mittlerweile eine Selbstverständlichkeit sein.

Rein fußballerisch hätte ich mir Brasilien im Finale gewünscht. Im Turnier ist nur noch Europa vertreten. Ein herrlicher Fußball-Abend vor dem TV: Europa lebt.

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