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Medien: „YouTube geht nicht in die Hose“

Internet-Experte Ossi Urchs setzt auf Werbefinanzierung statt Napster-Flatrate

Seitdem die Internetsuchmaschine Google das amerikanische Videoportal YouTube für 1,65 Milliarden Dollar gekauft hat, vergeht kaum ein Tag, an dem nicht weitere Inhaber von Musik-, TV-, und Filmrechten beim milliardenschweren Neueigentümer die Hand aufhalten. Auch die deutsche Gema, die die Rechte von Musikern und anderen Künstlern vertritt, gehört dazu. Deren Chancen stehen nicht einmal schlecht, meint Ossi Urchs, Internetexperte der ersten Stunde und heute Berater verschiedener deutscher Medienhäuser. „Die Gema möchte das bekannte Modell für Radio und Fernsehen auf das Internet ausweiten, und ich bin sicher, es wird auch mit YouTube und ähnlichen Plattformen solche Abkommen geben.“ Schließlich habe Google großes Interesse, sich mit den großen Medienunternehmen im Musik- und Fernsehbereich über die Copyright-Verletzungen zu einigen, sagt der 52-Jährige, der für n-tv die Sendung „NetNews“ entwickelt hatte und auch bei „eTalk“ für den Sender vor dem Mikrofon stand.

Nach Ansicht vieler Experten stellen die Forderungen der Rechteinhaber die bisherigen Finanzierungsmodelle der jungen Internet-Portale infrage. Ein Vorschlag zur Finanzierung ging zuletzt in Richtung einer „Kultur-Flatrate“ fürs Internet. Ossi Urchs hält davon wenig. „Die Nutzer zahlen bereits für den Internet-Zugang. Eine Kultur-Flatrate wäre genauso Unfug wie die Ausweitung der Rundfunkgebühren auf internetfähige PCs, die Anfang 2007 in Kraft tritt.“ Auch den Vergleich zu Napster lässt der Internet-Experte nicht gelten. Napster war mit seinen Möglichkeiten zum kostenlosen, aber illegalen Herunterladen von Musik lange Zeit das beliebteste Musikportal im Internet, bis es an den juristischen Forderungen der Musikwirtschaft scheiterte. Inzwischen ist Napster wieder auferstanden, dieses Mal als kostenpflichtiges Angebot mit einer Musikflatrate und festen monatlichen Gebühren. „Wenn ich Napster-Nutzer bin, dann interessiert mich so eine Flatrate sicherlich“, sagt Urchs. „Es wäre nur völlig unsinnig, wenn jeder Internet-Nutzer eine Napster-Rate bezahlen müsste, egal ob er das nun nutzt oder nicht. Das bessere Modell ist und bleibt die Werbefinanzierung.“ Befürchtungen, dass populäre Dienste wie YouTube oder MySpace durch die Kommerzialisierung in ihrer Existenz gefährdet werden, teilt Urchs nicht: „Ich glaube nicht, dass YouTube in die Hose gehen wird. Dafür gibt es keinen Grund. Im Gegenteil. Im Moment sehe ich dort eine interessante Entwicklung, bei der noch viel nachkommt. Und die Kommerzialisierung entspricht den gewohnten gesellschaftlichen Spielregeln. Ich kann keine großen Unternehmungen starten, wenn die nicht nach einer gewissen Zeit wirtschaftlich tragfähig sind.“ Vor allem sollte man die Nutzer nicht unterschätzen, meint Ossi Urchs. Denen sei durchaus bewusst, dass die Ausgaben finanziert werden müssten. „Über die Internet-Zugangsgebühren zahlen die Nutzer einen Teil selbst. Der Rest muss über Premium-Gebühren oder über Werbung finanziert werden. Das verstehen auch die Blogger.“ Kritische Blogs, wie zum Beispiel Spreeblick.de, das mit einer Aktion gegen die Klingelton-Firma Jamba bekannt geworden ist, hätten inzwischen kommerzielle Werbepartner auf ihren Seiten. Um zumindest ein bisschen Geld zu verdienen.

Spannend ist die Entwicklung jedoch nicht nur dort, wo die Aufmerksamkeit durch große Übernahmen hingelenkt wird. Die Netz-Avantgarde tummelt sich Urchs zufolge bereits wieder an anderen Orten, Stichwort „Second Live“ und virtuellen Online-Welten.

„Dass Second Live oder zum Beispiel ,Cy-World‘ in Korea für so viel Furore sorgt, hängt damit zusammen, dass heute so viele Menschen einen breitbandigen Zugang zum Internet haben. Allein in Deutschland haben wir heute rund 15 Millionen DSL-Haushalte“, so der Experte. Dadurch gebe es reichlich Potenzial „nicht nur zu Unterhaltungszwecken, sondern auch für ernsthafte Anwendungen“. Interessant werde es beispielsweise, wenn man „über das Netz mit anderen Leuten zusammenarbeitet und zwar in dreidimensionalen Welten.“

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