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Vertraue niemanden! Diese Lektion muss der britische MI6-Agent Fielding Scott (Dominic Cooper) gleich zu Beginn machen, als eine einfache Übergabe eines Kuverts zum Kampf auf Leben und Tod wird.

© Odeon Fiction/ZDF

ZDF-Dreiteiler „Spy City“: Ein Quantum Bond

„Spy City“ bringt das Agentengenre zurück ins Fernsehen. Die Verräterjagd im Berlin des Jahres 1961 erinnert zugleich an John le Carrés Romane.

Die Eingangsszene aus dem ZDF-Dreiteiler „Spy City“ ruft Erinnerungen wach. In einer Herrentoilette treffen zwei britische Geheimagenten aufeinander. Aus der Übergabe eines kleinen braunen Umschlags wird ein Kampf auf Leben und Tod. Fielding Scott (Dominic Cooper) überlebt, sein Widersacher bricht sich am Urinal das Genick. Auf ähnliche Weise wurde in „Casino Royal“ der Schauspieler Daniel Craig 2006 als neuer James Bond eingeführt. Ob es wohl etwas damit zu tun hat, dass William Boyd, der Drehbuchautor von „Spy City“, zugleich 2013 den Bond-Roman „Solo“ verfasst hat?

Ganz so körperbetont ist die Rolle von Dominic Cooper in der deutsch-britisch-tschechischen Koproduktion „Spy City“ allerdings nicht, obwohl auch der immer adrett gekleidete Fielding Scott sich in heiklen Situationen zu behaupten weiß – mit und ohne Schusswaffen mit aufgesetztem Schalldämpfer. Überhaupt ähneln sich die beiden Geheimagenten Ihrer Majestät: Fielding Scott hat ebenfalls einen Freund bei der CIA. Mit Conrad Greer (Seumas Sargent) verbinden ihn gemeinsame Kriegserfahrungen. Und natürlich fliegen die Frauen auf den Briten mit dem perfekten Scheitel. Das gilt besonders für die französische Geheimagentin Severine Bloch (Romane Portail).

[„Spy City“, ZDF, Sonntag, 22 Uhr 15. Die übrigen beiden Teilen an den kommenden Sonntagen und bereits jetzt in der ZDF Mediathek]

Bei der Stadt der Spione handelt es sich um Berlin im Jahr 1961 – vor dem Bau der Mauer. Die Konfliktlinie existierte bereits zuvor. Im Westen saßen die Briten, Amerikaner und Franzosen, im Ostteil die Sowjets und ihre willfährigen Gehilfen der Stasi. Gerade diese Zeit, kurz bevor der Eiserne Vorhang sich mit Stacheldraht und Mauer in Berlin materialisierte, habe die Macher von Odeon Fiction besonders gereizt, sagt Britta Meyermann, die „Spy City“ zusammen mit Mischa Hofmann produziert hat.

Der Kalte Krieg und der Ost-West-Konflikt waren der Nährboden für viele der besten Agententhriller. Doch Fielding Scott ist kein 007, vom Stoff her ähnelt „Spy City“ eher an die düsteren Agentenromane eines John le Carré. So wundert es wenig, dass Fielding Scott, der wegen der tödlichen Begegnung in der Berliner Toilette in Ungnade gefallen ist, vor seiner Reaktivierung Karteikarten in einem britischen Museum sortierte – wie einst Alec Leamas in „Der Spion, der aus der Kälte kam“.

Die Operation "Beethoven" scheitert fatal

Scotts neuer Auftrag besteht darin, zusammen mit den anderen westlichen Diensten das Überlaufen des ostdeutschen Raketenwissenschaftler Manfred Ziegler (Wanja Mues) und seiner Familie zu organisieren. Doch das Unternehmen „Beethoven“ endet im Fiasko, die Aktion wurde verraten. Die nun beginnende Maulwurfsjagd ist das eigentliche Thema des dreiteiligen Films, Wie bei John le Carré ist nur eines sicher: Man darf in diesem Business niemanden vertrauen.

Leonie Benesch spielt Elisa Hahn, die Sekretärin von Fielding Scott (Dominic Cooper). Wie bereits in "Babylon Berlin" gerät ihre Figur in arge Loyalitätskonflikte.
Leonie Benesch spielt Elisa Hahn, die Sekretärin von Fielding Scott (Dominic Cooper). Wie bereits in "Babylon Berlin" gerät ihre Figur in arge Loyalitätskonflikte.

© ZDF/Odeon Fiction

Beeindrucken ist die deutsche Besetzung. Leonie Benesch spielt Scotts Sekretärin Eliza Hahn. Aus Liebe zum Ost-Berliner Oppositionellen Reinhart (Ben Münchow) vergisst sie, wem ihre Loyalität gelten sollte. Eine ähnliche Rolle hatte sie bereits in „Babylon Berlin“. Eine weitere starke Frauenrolle übernahm Johanna Wokalek („Der Baader Meinhof Komplex“). Bevor Ulrike Faber als Porträtfotografin gefeiert wurde, war sie als Kriegsreporterin im Einsatz. Sie verfügt zudem über beste Kontakte in die Unterwelt. Zu den Gegenspielern von Scott & Co. gehören Tonio Arango als hinterhältiger Stasi-Offizier und Mark Zak als Berliner KGB-Resident, der in seiner aufgesetzt zuvorkommenden Art zum Fürchten ist.

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Gedreht wurde allerdings nicht in Berlin, sondern in Prag. Hier fand Regisseur Miguel Alexandre („Die Frau vom Checkpoint Charlie“) die perfekten Kulissen für einen Berlin-Film aus dieser Zeit. Dort entstehen inzwischen so viele Filme, dass die Anwohner über die ständigen Dreharbeiten verärgert sind – was man „Spy City“ freilich nicht ansieht.

Die meisten Berlin-Bilder wie der Blick auf das im Dunkeln liegende Brandenburger Tor aus Vor-Mauer-Zeiten stammen hingegen aus dem Computer. Um den Flair Berlins einzufangen, wurden zudem historische Filmaufnahmen hinein geschnitten. Beeindruckend ist zudem der große historische Fahrzeugpark. Um möglichst authentisch zu sein, wurden sogar Tonaufnahmen von DDR-Fahrzeugen aus dem Defa-Archiv verwendet. Insgesamt eine Free-TV-Premiere, die man nicht verpassen sollte.

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