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Jan Böhmermann alleine im Studio.

© Dcreenshot Tsp

„ZDF Magazin Royal“: So gut war Jan Böhmermann

Premiere mit Jan Böhmermann im ZDF-Hauptprogramm. Viel Neues zu den Themen Telegram, Verschwörung und Ungleichheit in der Republik, aber kein Coup.

Kein Publikum, eine Flasche Rotwein am Hals, Studio halb eingerichtet, das Orchester Ehrenfeld zuhause - Jan Böhmermann machte zum Start seiner neuen ZDF-Show am Freitagabend einen bemitleidenswerten Eindruck. Musste man sich Sorgen machen?

Nein, die halbe Stunde, die Deutschlands (selbst ernannter?) Chef-Satiriker dann zum Besten gab, lässt erahnen, wie wichtig das "ZDF Magazin Royale" in Zeiten von Rezo, Medienskepsis und Fake News werden kann (in der ZDF-Mediathek können Sie die Sendung vom Freitag anschauen).

Stichwort Telegram. Tagelang hatte Böhmermann seine Fans vorm Re-Start im Unklaren gelassen, was er in dem umstrittenen Messengerdienst, Tummelplatz auch von Verschwörungstheoretikern, mit seinem Account "Real Jan Böhmermann" zu suchen hat. Seit vorvergangenem Freitag sonderte er dort Gaga-Botschaften ab und hat schon 100 000 Abonnenten, deaktivierte zeitweilig seine anderen Social-Media-Accounts.

Eine PR-Aktion, sicher. Dialektik aber auch. Die Sendung nahm die Vorlagen auf und arbeitete sich am Komplex Verschwörung ab, Böhmermann konzentriert mit Anzug am Schreibtisch. "Die ganz große Verschwörungsgeschichte und was wirklich dahinter steckt."

Rezo-Gestus bei Jan Böhmermann

Wendler, Nena, Xavier Naidoo, Bill Gates, Jeff Bezos, Merkel, Q, Eva Herman, Wikipedia, Aluhüte und zum Ende hin Heftiges zu den Klattens, Quandts und Stoscheks dieser Republik, dem Thema Reichtum, Ungleichheit, Nazi-Vergangenheit und was das vielleicht auch mit der Haltbarkeit von Verschwörungsmythen zu tun hat.

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Zosch! Dagegen wirkt die (zuvor laufende) "heute show" bräsig wie ein Kerner-Talk - "ZDF Magazin Royale", das sind auch Nachrichtenschnipsel, Nachrichtenchecks, aber noch mehr Zuschnappen, Unnachgiebigkeit und ironische Einordnung im Stakkato-Ton und teils im Rezo-Gestus.

Das Ganze etwas weniger subversiv, irre und showlastig (abgesehen vom Baxter-Song "Fuck 2020" am Ende) als die Vorgängersendung im Nischenprogramm auf ZDFneo, dafür tatsächlich im Sinne von Gerhard Löwenthal, dessen "ZDF-Magazin" mal Fernsehgeschichte geschrieben hat. Das Credo dort: „Nach schadhaften Stellen in unserer Demokratie suchen“. 

Man merkt: Da will Böhmermann auch hin. Ist er wahrscheinlich schon. Einen großen Coup à la Erdogan oder Varoufakis-Stinkefinger, wie von vielen TV-Zuschauern erwartet, landete der Moderator zwar nicht, dafür aber viele kleine Spitzen, die die Nation nicht dümmer machen und die These stützen, dass das hier eben nicht nur Satire ist, sondern gut recherchiert, gesellschaftlich relevant, durchaus journalistisch.

Wer wissen will, was wirklich passiert, sollte den Freitagabend mit Böhmermann mit auf dem Zettel haben.

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