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Unnachahmlich gefriergetrockneter Blick: Nora Waldstätten als Inspektorin Hannah Zeiler.

© ZDF und Petro Domenigg

ZDF-Reihe "Die Toten vom Bodensee": Ein Engel im Hopfen

Auf der Suche nach einer neuen Kontinuitätsebene: Die neue Folge der ZDF-Krimireihe „Die Toten vom Bodensee“.

Zu Beginn des Jahres hat Drehbuchautor Timo Berndt mit dem sechsten Bodensee-Krimi, „Der Wiederkehrer“, jenen Kreis geschlossen, den er selbst 2016 mit der zweiten Episode („Stille Wasser“) eröffnet hat. Endlich wurden alle Fragen beantwortet, die der als Kind traumatisierten österreichischen Kriminalinspektorin Hannah Zeiler (Nora Waldstätten) keine Ruhe ließen. Allerdings hat die ZDF-Reihe „Die Toten vom Bodensee“ mit dem Ende dieser Fortsetzungshandlung womöglich ihren Zenit erreicht.

Das gilt auch für die Umsetzung. Der in den Neunzigern an der DFFB ausgebildete Finne Hannu Salonen, der seit vielen Jahren am Bodensee lebt, hat gemeinsam mit Kameramann Jo Molitoris den perfekten ästhetischen Stil für die Geschichte gefunden. Zum siebten Film, „Die vierte Frau“, hätte dieser Look womöglich noch besser gepasst, denn Zeiler und ihr deutscher Kollege Oberländer (Matthias Koeberlin) suchen einen Serienkiller.

Die Bilder sind jedoch von einer sommerlichen Sonnigkeit, die nicht recht zu den grausigen Ereignissen passen will: In einem Hopfenfeld wird die Leiche einer Frau gefunden, offenbar die vierte Tat eines Mörders, der seine Opfer in mehreren Metern Höhe in einem Hopfengerüst engelsgleich zur Schau stellt. Der jüngste Mord unterscheidet sich allerdings in Details von den früheren Taten. Weil eine weitere Frau vermisst wird, fragt sich Oberländer, ob der jüngste Mord womöglich die Tat eines Trittbrettfahrers ist. Sein Vorgesetzter hält das jedoch für ein Hirngespinst. Als ein Mann bei einem Bootsunfall ums Leben kommt und sich in seinem Besitz eindeutige Hinweise auf die vier Opfer finden, scheint der Fall gelöst; Oberländer aber spürt, dass eine weitere Frau dem Tod geweiht ist, wenn er sie nicht rechtzeitig findet.

Nervenkitzel in der zweiten Hälfte

Die Geschichte ist so gut, dass Salonen zumindest in der ersten Hälfte des Films komplett auf jede Form von Nervenkitzel verzichten kann. Das ändert sich, als Buch und Regie dem Publikum zu Beginn der zweiten Hälfte verraten, dass Oberländers Vermutung stimmt und die vermisste Frau (Verena Altenberger) in der Tat um ihr Leben kämpft: Ihr Gefängnis ist eine Art Silo, in dem langsam das Wasser steigt. Das mag als Spannungsverstärker nicht besonders originell sein, ist aber recht wirkungsvoll. Berndts Drehbuch ist für einen Reihenkrimi ohnehin von beeindruckender Komplexität, zumal er auf das übliche Muster diverser Verdächtiger verzichtet. Darüber hinaus ist es ziemlich beeindruckend, wie am Ende ein Puzzlestück ins andere greift, als die Ermittler entdecken, welche Verbindung es zwischen den Opfern gibt.

Da Zeilers Trauma nun überwunden ist, müsste eigentlich eine neue Kontinuitätsebene her. Berndt versucht, die Lücke mit Oberländers Privatleben zu füllen, aber diese Szenen wirken wie ein Fremdkörper; Inez Bjørg David spielt als Ehefrau Kim bloß noch eine Gastrolle. Besser integriert ist der endgültige Schlussstrich, den Zeiler unter ihre Vergangenheit zieht. Dafür genügen drei kurze Szenen, die Nora Waldstätten Gelegenheit für einen ihrer unnachahmlichen gefriergetrockneten Blicke geben und auf entsprechend unterkühlte Weise humorvoll sind.

Während Molitoris’ Bildgestaltung wirkt, als habe das ZDF den Produzenten aufgefordert, das imposante Alpenpanorama öfter zur Geltung zu bringen, sorgt die mitunter recht donnernde Musik von Chris Bremus dafür, dass „Die vierte Frau“ auch dann dynamisch und packend ist, wenn die Szenen eigentlich harmlos anmuten. Auf diese Weise erhält der Film zumindest akustisch jene Düsternis, für die viele Aufnahmen schlicht zu schön sind. Tilmann P. Gangloff

„Die Toten vom Bodensee: Die vierte Frau“, Montag, ZDF, 20 Uhr 15

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