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Zoff zum Jubiläum: „Gravierende Fehler“

Der Vorstand des Netzwerks Recherche drängt den Gründer des Journalistenvereins zum Rückzug - weil Fördergelder nicht richtig verbucht wurden.

Eigentlich war eine fröhliche Jubiläumsfeier geplant. Doch als das Fest zum 10-jährigen Bestehen des Journalistenvereins Netzwerk Recherche am Freitagabend mit einer nostalgischen Gesprächsrunde des Vorstands beginnen sollte, standen nur leere Stühle auf der Bühne. In der vorangegangenen Mitgliederversammlung hatte es Ärger gegeben, weil rund 75 000 Euro Fördergeld der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) in den letzten Jahren nicht korrekt verbucht worden waren und deshalb vorsorglich komplett an die Einrichtung zurückgezahlt werden.

Ursprünglich war geplant, dass der Gründer und Vorsitzende des Vereins, SWR-Chefreporter Thomas Leif, daher nicht mehr zu Wiederwahl antreten und den Vorstand verlassen sollte. Da sich dieser aber nicht zu einer klaren Abschiedsformulierung durchringen konnte, boten drei andere Vorstände, unter ihnen Hans Leyendecker von der „Süddeutschen Zeitung“, vorübergehend ihre Rücktritte an. „Es sind gravierende Fehler gemacht worden, die die Glaubwürdigkeit eines Vereins wie Netzwerk Recherche bedrohen könnten, wenn nicht alle Konsequenzen gezogen werden“, sagte Leyendecker der dpa. Zugleich betonte er, dass die Probleme lösbar seien und der Verein sich nun neu aufstellen müsse. Leif hat sich nun offiziell aus dem Amt verabschiedet. Der restliche Vorstand macht zunächst bis Herbst weiter und lässt den Fall von zwei Wirtschaftsprüfern klären. Danach steht die Neuwahl des Vorstandes an.

Eine Jubiläumsrede gab es dann doch noch: Laudator Tom Schimmeck, selbst Mitglied des Vereins, schilderte die Verdienste aber auch die Macken des Verbands, der für strenge Sauberkeitsregeln steht, und den Thomas Leif einst zusammen mit rund 40 Journalisten in einem „ziemlich verblassten Wellness-Hotel“ in der Eifel gegründet hat. Er dankte ihm und sagte: „Er hat uns zu Dingen angetrieben, von denen wir oft gar nicht wussten, dass sie in uns steckten.“ Er hoffe, dass man die Vorgänge im Vorstand „mit Würde und ohne große Verletzungen“ über die Bühne bringe. Thomas Leif, seit 1985 beim SWR, ist Autor zahlreicher Sachbücher und hat aus einem kleinen Verein einen Veranstalter äußerst prominent besetzter Tagungen gemacht.

„Meine Amtszeit ist wie geplant ausgelaufen“, sagte Leif dem Tagesspiegel. „Zehn Jahre sind genug. Die ehrenamtliche Tätigkeit war oft extrem aufreibend.“ Er habe das Design des Vereins entwickelt, jetzt müsse eine jüngere Generation die Arbeit übernehmen. Eine Aufgabe wird sein, unter anderem die Einnahmen und Ausgaben des Vereins auf der Homepage zu veröffentlichen. Dass ein Verband, der sich vor allem Transparenz auf die journalistischen Fahnen geschrieben hat, sich nun gerade im Zug einer solchen Unregelmäßigkeit von seinem Vorsitzenden trennt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. „Vielleicht hat dieser Vorgang auch etwas Reinigendes“, meinte ein Vereinsmitglied. Und es sei doch eine reife Leistung, dass so viele Diven auf einem Haufen zehn Jahre miteinander ausgekommen seien.

Ungeachtet der internen Querelen verlieh die Journalistenvereinigung am Samstagmittag den Negativ-Preis „Verschlossene Auster“ an die vier großen Energiekonzerne RWE, EnBW, Vattenfall und E.on. Stellvertretend für sie nahmen Volker Heck, Sprecher von RWE sowie Guido Knott, Sprecher bei E.on den Preis entgegen. Simone Schellhammer

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