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Matthias Daniel ist Chefredakteur des Medienmagazins „journalist“.

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Zu meinem ÄRGER: Plumpe Vorlagen für rechte Hetze

Schlagzeilen, mit denen Empathie geheuchelt wird; Soziale Medien, die besser als ihr Ruf sind. "journalist"-Chefredakteur Matthias Daniel blickt auf die Medienwoche zurück.

Herr Daniel, worüber haben Sie sich in den Medien in dieser Woche am meisten geärgert?

Ein 14-jähriges Mädchen wurde ermordet. Das ist schrecklich und kaum erträglich. Geärgert habe ich mich darüber, wie diese Tat instrumentalisiert wurde. Und wie distanzlos und polemisch einige Medien über den Fall berichtet haben. Schlagzeilen wie „Wenn er abgeschoben worden wäre … würde sie noch leben“ („Bild“) heucheln Empathie. Tatsächlich sind sie plumpe Vorlagen für rechte Hetze. Schlimmer noch: Sie schieben das eigentliche Schicksal des Opfers in den Hintergrund, um eine politische Agenda zu bedienen. Und die Zeitschrift „Stern“ druckt in dieser Woche ein Titelbild (Headline: „Das zerrissene Land – Der Mordfall Susanna F. und das Ende von Merkels Flüchtlingspolitik“), das man ohne das Magazin-Logo auch für ein AfD-Plakat halten könnte. In der Titelgeschichte schreiben die Autoren: „Und so verquickt sich alles in diesen Tagen, was eigentlich trennscharf zu behandeln wäre.“ Hätte sich die eigene Redaktion mal daran gehalten.

Gab es auch etwas, worüber Sie sich freuen konnten?

Klar und klug hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble den Versuch der AfD zurückgewiesen, den Tod der 14-Jährigen mit einer vermeintlichen Schweigeminute für ihre Zwecke zu missbrauchen. Der Nachrichtensender Phoenix hat Schäubles Replik live übertragen. Massenhaft verbreitet hat sich die Szene dann über, genau, die oft kritisierten sozialen Medien Twitter und Facebook.

Welchen Podcast können Sie empfehlen?

Kommt darauf an, wie viel Zeit Sie haben. Bis „alles gesagt“ ist? So heißt der neue Podcast der beiden Journalisten Jochen Wegner („Zeit Online“) und Christoph Amend („Zeit Magazin“). Untertitel: „Der unendliche Interviewpodcast“. Und die meinen das auch noch ernst. Dreieinhalb Stunden haben sie mit Justizministerin Katarina Barley gesprochen. Zweieinhalb Stunden mit dem Parteichef der Grünen. Der Clou ist: Der Interviewpartner bestimmt, wann das Gespräch vorbei ist. Das kann dauern. Aber es lohnt sich sehr.

Matthias Daniel ist Chefredakteur des Medienmagazins „journalist“.

Zuletzt haben sich für den Tagesspiegel geärgert: Boris Lochthofen vom MDR Landesfunkhaus Thüringen, Wissenschaftspublizist Florian Aigner, und n-tv-Moderator Etienne Bell.

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