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Olaf Scholz bei Anne Will.

© imago images/Jürgen Heinrich

Zu wenig Hintergrund?: Medienexperte Schneider hält Corona-Berichterstattung für zu oberflächlich

Der Medienexperte Norbert Schneider hat die Corona-Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender als zu oberflächlich kritisiert.

Es fehle an aufklärerischer Einordnung der Nachrichten, der „embedded information“, sagte Schneider in einem Interview des medien- und gesellschaftspolitischen Blogs „bruchstücke“. Zwar werde eine Grundversorgung gewährleistet, doch wenig Hintergrund geboten. „Meistens ist es kaum mehr als die Oberfläche, die das Publikum zu sehen oder zu hören bekommt.“

Ein schon vor der Corona-Krise erkennbares Problem sei die „Auslagerung der Expertise“, etwa beim Fußball oder bei Attentaten, sagte der frühere Direktor der Landesmedienanstalt NRW.

„Zumal in dieser Krise verlagert das Mediensystem, das ja als eine Art von 'vierter Gewalt' sich bewähren soll, seine Verantwortung auf den Experten der weithin, von kritischen Fragen unbelästigt, eher schon angestaunt, die Begriffe und Themen setzt.“

Die so entstehende „Expertokratie“ bringe wichtige Einsichten, gehe aber mit einem „Verlust an journalistischer Autonomie“ einher. Vor allem in den Talkshows begegne man den immergleichen Experten und einem Übermaß an Redundanz, erklärte Schneider. Nach und nach sei eine Engführung des Perspektive entstanden, „mit Blick auf die Experten nahezu ein closed shop. Und ihnen gegenüber kein böses Wort, selten irritierte Rückfragen.“

Schneider bekräftigte die Thesen des Kommunikationswissenschaftlers Otfried Jarren, der in einer Analyse für den Fachdienst „epd medien“ (13/20) kritisiert hatte, die Medien agierten nicht mehr selbstständig, sondern seien faktisch teil eines „Exekutiv-Experten-Systems“, da die interviewten Experten, Virologen und Epidemiologen ihrerseits die Bundes- und Landesregierungen beraten (alle aktuellen Entwicklungen infolge der Coronavirus-Pandemie in unserem Newsblog).

Das sei ein wenig überspitzt formuliert, doch im Kern richtig, sagte Schneider. Ursache für den „Verlust an Distanz zu den Akteuren“ seien ein Mangel an Fortbildung und ganz allgemein ein Defizit an Gelegenheiten zur Selbstreflexion, sagte Schneider. So sei die wichtige Plattform der „Mainzer Tage der Fernsehkritik“ gestrichen worden, die großen Medienforen in München und Düsseldorf hätten an Bedeutung verloren.

Im Gruppenblog „bruchstücke“ schreiben Publizisten, Sozial- und Kommunikationswissenschaftler sowie Medienexperten zu gesellschaftspolitischen und medienwissenschaftlichen Themen. epd

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