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Beim Zugunglück in der Nähe von Bad Aibling (Bayern) waren am Dienstag mindestens zehn Menschen getötet worden, es gab rund 80 Verletzte.

© dpa

Zugunglück in Bad Aibling: Soll man die Aufnahmen aus dem Unglückszug zeigen?

Die ARD hat sich bei einem Augenzeugenvideo aus dem Inneren eines der beiden verunglückten Züge für einen eher halbherzigen Kompromiss entschieden. Die BBC ging einen Schritt weiter.

Welche Bilder, welche Augenzeugenvideos gar sollten von einem Unglücksfall gezeigt werden, welche nicht? Ein ewiges Thema für "Tagesschau" & Co, das nach dem tragischen Zugunglück in Bayern eine neue Gewichtung erfährt. Die ARD hat sich bei der Dienstag-Ausgabe der "Tagesschau" bei einem Augenzeugenvideo aus dem Inneren eines der beiden am Dienstag verunglückten Züge für einen eher halbherzigen Kompromiss entschieden. Die BBC ging einen Schritt weiter.

Bereits wenige Stunden nach dem Zugunglück von Bad Aibling ist auf YouTube ein Video veröffentlicht worden, das unmittelbar nach der Kollision zweier Bahnen entstanden ist. Mehrere Minuten lang sind darin Opfer zu sehen und hören. Kaum zu ertragen seien die Eindrücke, schreibt ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke im "Tagesschau"-Blog. Man habe sich dennoch dazu entschieden, eine ganz kurze Sequenz daraus auszustrahlen. Zehn Sekunden waren das. Das Weinen, Stöhnen und die Hilferufe habe man jedoch "auf keinen Fall dokumentieren" wollen, erklärte Gniffke mit Verweis auf den "Respekt vor den Opfern".

Keine Zuschauer verstören

"Außerdem würde es mit Sicherheit viele Zuschauer verstören, die nicht schnell genug an die Fernbedienung kommen." Auf der anderen Seite sei das Video jedoch "ein authentischer Blick auf das Unglücksgeschehen" und man zeige schließlich auch die Bergung von außen. Gniffke gibt zu, dass die Entscheidung, keinen Ton und keine Bilder der Verletzten zu zeigen, als "halbherziger Kompromiss" aufgefasst werden könne. "Ein Kompromiss vielleicht, aber einer, der dem journalistischen Informationsauftrag ebenso gerecht wird, wie dem Respekt gegenüber den Opfern - und den Zuschauern."

Die Kommentare unter Gniffkes Blog-Eintrag äußern sich sehr kritisch zur Ausstrahlung der Bilder aus dem Inneren des Zuges. "Es ist unerträglich, dass die 'Tagesschau' immer mehr der angeblichen Sensationsgier des Publikums nachgibt", schreibt ein User.

Muss man so etwas filmen? Nein. Jeder, der in solch einer Situation genug Nerven hat zu filmen anstatt zu helfen, wird bei der öffentlichen Sendung auf ein Podest gehoben, dass ihm nicht zusteht. 

schreibt NutzerIn sk203

Die BBC hat sich dazu entschlossen, lange Sequenzen aus dem bei Youtube hochgeladenen Video auszustrahlen, parallel dazu mit dem Mann gesprochen, der in den Minuten nach dem Unglück mit dem Handy filmte, zu finden unter bbc.com.

Auch zu der Frage, wie ein Mensch in einer solchen Situation mit seinem Smartphone über mehrere Minuten mit dem Smartphone einfach "draufhalten" könne, äußert sich ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke, der die Art und Weise der ARD-Berichterstattung schon öfters verteidigt hat, zuletzt nach den Terroranschlägen in Paris. "Dieses Verhalten ist doch eigentlich empörend", schreibt er im "Tagesschau"-Blog. "Aber auch dieser Mensch hat das Unglück im Zug miterlebt, ist möglicherweise traumatisiert und hätte sich anders verhalten, wenn er als Unbeteiligter an die Unglücksstelle gekommen wäre. Ich möchte mir über ihn kein Urteil erlauben."

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