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Zwangssteuern: Sturm auf die BBC

Öffentlich-rechtlicher Sender im Visier: James Murdoch hat zur Existenzdebatte aufgerufen

Es hat Tradition, dass die Murdochs beim TV-Festival in Edinburgh die BBC attackieren, die Mutter aller öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Neu war dieses Jahr nicht die Vehemenz, mit der James Murdoch, wahrscheinlicher Nachfolger des 78-jährigen Vaters Rupert Murdoch, der BBC diesmal „Landräuberei“ im Medienmarkt vorwarf und sie als Staatsmonopolist mit „wahrhaft beängstigendem Ausmaß von Aktivitäten und Zukunftsambitionen“ beschrieb. Neu war, dass ihm so viele zustimmten. „Der perfekte Sturm braut sich über der BBC zusammen“, kommentierte Festival-Chairman und „Big Brother“-Produzent Tim Hincks – einer von vielen Kommentatoren, die der BBC im Kielwasser von Murdochs Attacke empfahlen, ihre Aktivitäten einzuschränken und bescheidener zu werden.

Rupert Murdoch, Chef der News Corp, einem der weltgrößten Medienkonglomerate („Wall Street Journal“), warf schon 1989 der BBC blinden Antikommerzialismus und eine „Obsession mit der Vergangenheit“ vor. Damals hatte Murdoch gerade Millionen Pfund in die Gründung von Sky Television investiert hatte. 1998 warnte Elisabeth Murdoch die BBC in Edinburgh: „Das Publikum, nicht die Intendanten, wird in Zukunft die Programme bestimmen.“ Seit Jahren wettern Murdochs Zeitungen, allen voran die „Times“, gegen die „Zwangssteuer“ der Rundfunkgebühren und die Allmacht, die sie der öffentlich-rechtlichen BBC verleiht.

Nun beschrieb James Murdoch die durch jährlich 3,6 Milliarden Pfund aus „zwangsabgeführten“ Gebührengeldern übermächtig gewordene BBC als „staatlich gesponsortes“ Herz eines „autoritären Rundfunksystems“. Sie „ersticke“ den Markt durch ihren Expansionismus, hindere Wettbewerber daran, eigene Projekte zu entwickeln und unterscheide nicht mehr zwischen dem, was gut für sie selbst und was gut für das Land sei. „Es ist, als hätten wir beschlossen, Unabhängigkeit und Pluralität dahinwelken zu lassen. Wir erlauben der BBC, den Nachrichtenmarkt abzuwürgen und lassen sie dann, um dies zu kompensieren, immer größer werden“. Den Einwand, die BBC sei unabhängig und keine staatliche Einrichtung, wischte er beiseite: „Die BBC ist eine öffentliche Einrichtung, die dem Steuerzahler gehört“. Attacken auf die BBC werden seit dem Skandal um den Starmoderator Jonathan Ross und seine Millionengage immer schärfer. Zeitungen attackieren vor allem den Online-Auftritt der BBC, weil er ihnen die Monetarisierung ihrer Zeitungs-Webseiten unmöglich mache. Murdoch kritisierte die Übernahme des Lonely-Planet-Reisebuchverlags durch die BBC oder den Ausbau des nationalen Popsenders Radio 2. Kaum hätten kommerzielle Radiosender bei der Zielgruppe der 25- bis 45-Jährigen eine dominante Stellung erreicht, habe die BBC sie mit Millionenaufwand aus diesem Segment wieder verdrängt.

Längst hat die öffentlichen Debatte begonnen, wie die BBC an die Kandare genommen werden könnte. „Die BBC stirbt. Der Wettlauf hat begonnen, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Nation bewahrt werden kann“, schrieb der Labour-Abgeordnete Frank Field. Sein Vorschlag: Die Rundfunkgebühren nicht mehr der BBC, sondern einer „öffentlich-rechtlichen Rundfunkbehörde“ zu geben, die es projektgebunden verteilt. Die Quasi-Monopolstellung der öffentlich-rechtlichen BBC, die ihren Grund in den Strukturen des Radiospektrums hat, habe im digitalen Zeitalter einfach keine Berechtigung mehr.

James Murdochs’ Vorschläge wirken dagegen bescheidener. Er wünscht sich eine „viel, viel kleinere“ BBC und weniger exzessive Regulierung durch die Rundfunkaufsicht Ofcom. Fast 50 Prozent der britischen Fernsehzuschauer bezahlten für Inhalte, trotzdem würden sie vom Regulierungssystem statt als selbst verantwortliche Konsumenten wie „passive Kreaturen behandelt, die beschützt werden müssen“. Der jüngste Reformvorschlag kam von der Chefin des der RTL-Gruppe gehörenden TV Kanals Five, Dawn Airey. Die BBC sollte zwei Fernsehsender und ein paar Radiokanäle machen und den Rest kostenpflichtig vermarkten. Eine Senkung der Rundfunkgebühren – derzeit: 11,63 Pfund oder 13,17 Euro – sei „fast unvermeidlich“.

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