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Medien: Zwischen Intendant und Rindvieh

Beim neuen Rundfunk Berlin-Brandenburg mischen viele mit – nicht nur die Richtigen

Für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird ein Intendant gesucht, merkwürdigerweise auf drei Wegen. Bis 31. Januar läuft die offizielle Bewerbungsfrist. Verschiedene Kandidaten haben ihre Unterlagen ordnungsgemäß eingereicht, darunter auch Werner Sonne, Journalist im ARD-Hauptstadtstudio. Die siebenköpfige Findungskommission des RBB-Rundfunkrates hat sich zudem das Recht eingeräumt, abseits dieses Weges Kandidaten selber anzusprechen. Das musste sie auch, da es explizit Interessenten gibt, die sich nicht selber bewerben, sondern persönlich angesprochen werden wollen. Dazu gehört Ulrich Deppendorf, WDR-Fernsehdirektor und ehemaliger Leiter des ARD-Hauptstadtstudios. Deppendorf ist wunschgemäß angesprochen worden, freilich nicht von den Rundfunkräten, sondern von den „Patrons“ aus der Politik. Deppendorf hatte einen Gesprächstermin mit Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck und Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit. Beide gehören der SPD an, beide sind der Ansicht, dass ihrer Partei der erste RBB-Intendant „gehören“ sollte. Der CDU wird dafür der Fernsehdirektor nahe zu stehen haben. Namen sind da Schall und Rauch, erst muss die Spitzenpersonalie fixiert sein.

Gegen die Intendanten-Findung in den Senats- und Staatskanzleien regt sich Widerstand, insbesondere bei den Vertretern im Rundfunkrat, die nicht parteipolitisch gebunden sind. Zu der neuen ARD-Anstalt, fusioniert aus Sender Freies Berlin (SFB) und Ostdeutschem Rundfunk Brandenburg (ORB), sollte auch ein neues Denken und Handeln gehören, das sich zuerst bei der Besetzung der Senderspitze beweisen müsste. Ein durchsichtiges, demokratisches Verfahren. Auch der ARD-Vorsitzende, NDR-Intendant Jobst Plog, kritisiert den „dritten Weg“ der Intendantensuche beim RBB: „Ich sehe voller Verwunderung, dass es offenbar Gespräche gegeben hat zwischen Landesregierungen und Bewerbern, oder einem Bewerber genau genommen, ohne dass es überhaupt schon den zuständigen Rundfunkrat gegeben hätte.“ Das Normale sei doch, dass man ein Gremium respektiere. „Es gibt den neuen Rundfunkrat. Es sind nicht die Politiker der Länder“, sagte Plog im „Medienmagazin“ von Radio Eins. Nicht, dass Deppendorf nicht weiter in der Favoritenrolle zu sehen ist. Aber die flotte Nummer, dass die Politik den Intendanten Deppendorf ausguckt und dann vom „Stimmvieh“ im RBB-Gremium mit der geforderten Zwei-Drittel-Mehrheit akklamieren lässt, diese Nummer scheint passé.

RBB – eine Rinderproduktion?

Unterhalb der Spitzenpersonalie nimmt der künftige Rundfunk Berlin-Brandenburg Gestalt an, virtuell wenigstens. Nach sehr hartnäckigen Verhandlungen konnte sich der Sender eine Internet-Adresse sichern: www.rbb-online.de , bislang im Besitz der Rinderproduktion Berlin-Brandenburg, kurz RBB genannt und in Werder erfolgreich mit der „Zucht, Besamung und Vermarktung“ von Rindviechern beschäftigt. Der besondere Stolz gilt der Rasse „Uckermärker“, ein Fleischrind. Die ursprünglich gewünschte Internet-Adresse www.rbb.de konnte der RBB- Sender nicht ergattern, die gehört der Firma „Rationelle Büro- und Betriebseinrichtungen“ in Bremen. RBB Bremen wird die Adresse www.rbb.de nicht herausrücken.

Auch die RBB Werder hat sich länger gesträubt und war nur mit einer fünfstelligen Euro-Summe zum Abtreten der Adresse an den RBB-Sender bereit. Dr. Matthias Simon von der RBB Werder zeigt sich vom Sendernamen und von der Abkürzung schwer enttäuscht: „Für einen Sender ist das absolut einfallslos und konservativ. Das poppt nicht“, meinte Dr. Simon. „Rio“, also Rundfunk im Osten, das schon.

Was die Rinderzüchter dem Sender außer dem Kürzel noch voraus haben, sind coole Merchandising-Produkte (siehe Bild). Das Basecap für Stall und Weide ist schick in roten Buchstaben auf schwarzer Baumwolle gewirkt. Unter dem Logo steht der Slogan: „Zucht, Besamung, Vermarktung“. Der Rinderzüchter würde den Slogan ohne Bedenken weiterreichen: „Was für uns die Rinder sind, sind für den Sender halt die Hörer. Auch die müssen gezüchtet, besamt, also beschallt, und dann vermarktet werden.“

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