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Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr Garten... und ich: Keine Chance für den Vietcong

Eugen ist unser Nachbar nach schräg hinten raus. Eugen wird mir von meiner Frau immer als Vorbild vorgehalten. „Schau mal“, heißt es dann, „der Eugen, was der wieder Tolles gemacht hat.“

Von Andreas Austilat

Dann zeigt sie auf seinen Rosenbogen oder wie ordentlich er sein Werkzeug an der Schuppenwand sortiert, sogar einen Teich hat Eugen angelegt, mit Fischen drin. Meine Güte, wer braucht schon einen Teich. Und überhaupt, hat der denn nichts Besseres zu tun, als meine Frau auf dumme Gedanken zu bringen?

Im Moment ist Eugen allerdings mit umfangreichen Erdarbeiten beschäftigt. Ist auch höchste Zeit, wer noch ein offenes Loch im Garten hat, sollte es dringend zuschippen. Denn ist der Boden erst mal gefroren, wird’s schwer. Sollen zum Beispiel im nächsten Frühjahr neue Tulpen blühen, müssen die Zwiebeln spätestens jetzt vergraben werden.

Eugen aber hält sich nicht mit Tulpenzwiebeln auf. Er hat einen mächtig großen Graben ausgehoben, bestimmt zehn Meter lang. Mir schwante Übles. Zehn Meter, was mag der da treiben? Was ich dann womöglich nachmachen soll! Plant er nach seinem Teich jetzt einen eigenen Kanal? Neugierig geworden lungerte ich vor seinem Haus rum, klingeln wollte ich nicht, wäre ja zu aufdringlich gewesen, bis er erwartungsgemäß den Kopf aus dem Fenster streckte. „Eugen“, sagte ich also, „was tust du da hinten?“ Er ließ sich nicht lange bitten. „Rhizomsperre, elf Meter lang, 70 Zentimeter tief. Willst du mal sehen?“

Eugen führte mich zu seinem Bambusbusch. Rhizome sind die unterirdischen Wurzelausläufer des Bambus. Meine Frau hatte mal über eine Bambushecke nachgedacht, weil die Dinger ungeheuer schnell wachsen, sich dann aber doch für Rotbuche entschieden. Zum Glück, wie sich gleich zeigen sollte.

Eugens Bambus wuchs ursprünglich an einer anderen Stelle. Irgendwann war es ihm zu viel geworden, da grub er ihn aus und schüttete Sand drüber. Vergebens. Der Bambus tauchte wieder auf und begann einen Eroberungszug durch den Garten. Eugen mit dem Spaten hinterher. Doch man sieht immer noch überall kleine Inseln. „Wusstest du, dass der Vietcong seinerzeit gefangene Amerikaner mit Bambus gefoltert hat? Das Zeug wuchs glatt durch die durch!“, behauptete er. Ich hielt es für eine Eugen-Geschichte, war aber beeindruckt über die unbestreitbare Vitalität dieses Krauts und warf einen ängstlichen Blick rüber zu uns. Erleichtert registrierte ich: Noch kein Wedel zu sehen.

Bambus soll sogar durch Mauerritzen eindringen können oder die Hausisolierung zerstören. Deshalb nun also der Graben. Darin wird eine Plastikschicht eingelassen, so will Eugen das Kraut eindämmen. Ich zog mich wieder zu uns zurück. Im Vorbeigehen tätschelte ich unsere Buchenhecke.

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