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Nach der versuchten Vergewaltigung und dem Mord an einer jungen Frau haben in der Türkei tausende Menschen gegen Gewalt gegen Frauen demonstriert.

© dpa

Update

20-Jährige von Busfahrer ermordet und verbrannt: Proteste nach Mord an Studentin in der Türkei auch in Berlin

Ein Busfahrer in der Türkei versucht, eine Studentin zu vergewaltigen und bringt sie um, als sie sich wehrt. Das führt zu wütenden Protesten in den Sozialen Medien und auf der Straße. In Berlin bekunden viele Menschen ihre Solidarität.

Die versuchte Vergewaltigung und der Mord an einer jungen Frau haben in der Türkei wütende Proteste ausgelöst. Am Wochenende versammelten sich unter anderem in der Hauptstadt Ankara, der Metropole Istanbul, dem westtürkischen Izmir und dem südosttürkischen Gaziantep zahlreiche Menschen, um gegen Gewalt gegen Frauen zu demonstrieren, wie türkische Medien berichteten.

Über den Kurznachrichtendienst Twitter wurde auch für Montag zu Demonstrationen aufgerufen. Unter dem Hashtag #sendeanlat („Erzähl auch du es“) teilten Frauen in der Türkei am Sonntag ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung mit.

Eine Nutzerin schrieb etwa, dass sie das erste Mal mit elf Jahren von einem Postboten belästigt wurde, der sie in eine Ecke gedrängt und geküsst habe. Viele Frauen berichteten auch, dass sie Angst hätten, alleine nach Hause zu gehen oder sich ohne männliche Begleitung in Bussen unwohl fühlten. Am Freitag hatte die Polizei die Leiche der seit Mittwoch als vermisst gemeldeten 20-jährigen Özgecan Aslan in der südtürkischen Provinz Mersin gefunden. Sie war nach Angaben türkischer Medien mutmaßlich von einem Minibusfahrer ermordet worden.

Das Kottbusser Tor in Berlin am Sonntag: Die Fraueninitiative Berlin lud zur Kundgebung ein. Gedacht wurde der in der Türkei ermordeten Studentin Özgecan Aslan.
Das Kottbusser Tor in Berlin am Sonntag: Die Fraueninitiative Berlin lud zur Kundgebung ein. Gedacht wurde der in der Türkei ermordeten Studentin Özgecan Aslan.

© Facebook

Das Thema wird nicht nur über Twitter verbreitet, sondern in allen Sozialen Netzwerken thematisiert. Auf der Internet-Seite Chance.org kann man eine Petition unterschreiben, die unter anderem eine angemessene Bestrafung des Täters und eine Gleichstellung der Frauen in der Türkei fordert.

Zu Solidaritätsbekundungen kam es besonders am Kottbusser Tor in Berlin. Die Kundgebung wurde von der Fraueninitiative Berlin organisiert. Die alevitische Sängerin Mavis Güneser stimmte ihr Klagelied ‘Çene’ (dt.: Mädchen) an. Die ermordete Studentin in der Türkei kam ursprünglich aus der Region Dêrsim. Weiter wurden Kerzen für ermordete Frauen angezündet. Auch wurde den drei kurdischen Aktivistinnen Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Saylemez gedacht, die am 9. Januar 2013 in Paris getötet wurden.

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Der inzwischen festgenommene und geständige Busfahrer sagte nach Angaben der Zeitung „Hürriyet“ aus, er habe versucht die Studentin zu vergewaltigen, nachdem alle Fahrgäste ausgestiegen seien. Als sie sich wehrte, habe der Mann auf sie eingestochen und Aslan mit einem Eisenstab auf den Kopf geschlagen. Anschließend habe er die Leiche mit Hilfe seines Vaters und eines Freundes versteckt. Die Hände der Frau seien vom Körper abgetrennt und verbrannt worden. Die beiden mutmaßlichen Komplizen seien ebenfalls festgenommen worden, berichtete die Zeitung „Hürriyet“.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu verurteilte den Mord am Sonntag als „blutrünstigen Angriff“. Auf einer Versammlung der Frauensektion der islamisch-konservativen AK-Partei in der südtürkischen Provinz Antalya sagte er: „Wer auch immer die Hände nach Frauen ausstreckt, dessen Hände sollen zerbrechen.“ Sowohl Davutoglu als auch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sprachen der Familie des Opfers nach Angaben türkischer Medien ihr Beileid aus.

Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci forderte, bei Fällen wie dem Mord an Aslan die Todesstrafe wieder einzuführen. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im türkischen Parlament, Ahmet Iyimaya, sprach sich dafür aus, über die Rückkehr des Strangs und über die Zwangskastrierung von Vergewaltigern zu reden. Die Türkei hatte die Todesstrafe Anfang des vergangenen Jahrzehnts mit Rücksicht auf ihre EU-Bewerbung abgeschafft.

Wer auch immer Gewalt gegen Frauen anwende, sei feige und bedauernswert, sagte Erdogan am Montag vor Unternehmern in der Hauptstadt Ankara. Er bezeichnete den Mord weiter als bestialisch und kündigte an, den Prozess gegen die mutmaßlichen Täter persönlich zu verfolgen. Frauenorganisationen kritisieren, sexistische Bemerkungen von Erdogan und der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP begünstigten ein frauenfeindliches Klima. Erdogan hatte zuvor immer wieder umstrittene Bemerkungen zur Rolle der Frau gemacht.

Frauenorganisationen kritisieren, sexistische Bemerkungen von AKP-Politikern begünstigten ein frauenfeindliches Klima. Vor allem Erdogans Ansichten über die Rolle der Frau sind in der Türkei umstritten. Erst im Januar erklärte er, dass Frauen und Männer nicht vollständig gleichberechtigt seien. Er hatte den Türkinnen außerdem immer wieder nahegelegt, mindestens drei Kinder zu bekommen. (rok, dpa)

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