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Im Angesicht dämonischer Ängste. Die Maya-Hochkultur hat wegen ihres bis heute nicht eindeutig geklärten Untergangs unheimliche Fantasien angeregt. Ein Beispiel ist der obsessive bildgewaltige Film „Apocalypto“ von Mel Gibson aus dem Jahr 2006.

© Cinetext/Constantin Film

2012 kommt das Ende der Zeit: Die Wahrheit über die Maya-Prophezeiung

In einem Jahr, am 21. Dezember 2012, geht die Welt unter, lautet die berühmte Maya-Prophezeiung – aber besagt sie das wirklich?

Wenn am 21. Dezember 2012 tatsächlich die Welt untergehen sollte, wie es die alte Hochkultur der Maya in Zentralamerika prophezeit haben soll, wird von unserer heutigen Welt wenig übrig bleiben. Gigantische Flutwellen werden selbst die Hochlagen der Gebirge verheeren, Erdplatten werden aufreißen und alle Zivilisation wird donnernd in sich zusammenkrachen. So jedenfalls suggeriert es der fantastische Film „2012“ von Roland Emmerich.

Die Zeit wird langsam knapp, in einem Jahr ist es so weit. Man könnte sich also langsam Gedanken machen, was denn dran ist an diesem Weltuntergang. Gedanken an das Ende der Menschheit sind beileibe nicht neu. Bereits Martin Luther dachte ja darüber nach: „Wenn ich wüsste, dass morgen der jüngste Tag wäre, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“

Philosophie und Religion sind denn auch der Nährboden, auf dem zumindest seit der Antike immer wieder Weltuntergangsszenarien gewachsen sind. Diese Geisteswissenschaften aber waren lange Zeit praktisch untrennbar mit den Naturwissenschaften verbunden.

Das trifft auch für die Maya-Hochkultur zu, deren Stadtstaaten zwischen 250 und 900 nach Christus Zentralamerika beherrschten. Mit jeweils mehr als zehntausend Einwohnern waren einige dieser Städte damals größer als jede Stadt Mitteleuropas zur gleichen Zeit. Auf der heute zu Mexiko, Guatemala und Belize gehörenden Halbinsel Yucatan aber hatten die Maya ein gravierendes Problem. „Diese Region ist recht trocken“, erklärt Wolfgang Lucht, der am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die Zusammenhänge zwischen Klimaänderungen und der Vegetation untersucht. Um genug Mais für die stark gewachsene Bevölkerung anbauen zu können, speicherten die Maya Regenwasser in riesigen Zisternen, holten Grundwasser aus eingestürzten Karsthöhlen und leiteten das kostbare Nass über ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem auf ihre Felder.

Ohne einen guten Kalender, mit dem man Trocken- und Regenzeiten abschätzen kann, funktioniert eine solche Landwirtschaft kaum. „Die Maya aber haben ganz tolle Kalender entwickelt“, berichtet PIK-Forscher Wolfgang Lucht. In Europa und in vielen anderen Teilen der Welt verwendet man heute einen Kalender, der neben den leicht zu zählenden Tagen auf den größeren Einheiten Wochen, Monaten und Jahren basiert. Da die Erde aber für einen Umlauf um die Sonne 365,2425 Tage braucht, vergeht bis zu einem bestimmten Sonnenstand wie zum Beispiel der Wintersonnenwende unmittelbar vor Weihnachten keine gerade Zahl von Tagen. Damit sich die Jahreszeiten nicht verschieben, fügt der westliche Kalender daher alle vier Jahre mit dem 29. Februar einen zusätzlichen Schalttag ein. Dieser Extratag fällt zwar im hundertsten Jahr aus, findet aber in jedem 400. Jahr dennoch statt. Nur mit diesem komplizierten System schafft unser System es, die Jahreszeiten konstant zu halten.

Die Maya hatten einen ähnlich guten und ebenfalls recht komplizierten Kalender mit ganz anderen Zähleinheiten entwickelt. Statt unseren Zyklen von einem, vier, hundert und 400 Jahren, hatte ihr Kalender einen Rhythmus, der religiöse Zeremonien in Tzolkin-Jahren von 260 Tagen zählte. Die besten Zeiten für die Saat und die Ernte ermittelten sie dagegen mit einem 365 Tage zählenden „Haab“ genannten Kalender für das zivile Leben. Jeder Haab hatte 18 Monate mit jeweils 20 Tagen, zusätzlich gab es fünf weitere Tage. Und bei Bedarf wurde noch ein Schalttag eingelegt.

2012 sollte eine neue Epoche beginnen. Nur schade, dass die Maya-Kultur schon im zehnten Jahrhundert zu Grunde ging.

Die Maya-Prophezeiung. Die historische Maya-Handschrift Codex Dresdensis liegt im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden unter Glas und wird zum Schutz mit einer maximalen Lichtstärke von 50 Lux beleuchtet.
Die Maya-Prophezeiung. Die historische Maya-Handschrift Codex Dresdensis liegt im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden unter Glas und wird zum Schutz mit einer maximalen Lichtstärke von 50 Lux beleuchtet.

© picture alliance / dpa

52 dieser Haabjahre lang konnte jeder einzelne der insgesamt 18980 Tage mithilfe der Kombination aus Tzolkin- und Haab-Einheiten eindeutig bestimmt werden. „Danach wurde der Kalender wieder auf null gestellt und von vorne gezählt“, erklärt Wolfgang Lucht. Das Ende einer solchen Kalenderrunde aber wurde nach 52 Jahren unter Leitung der religiösen Führer ausgiebig gefeiert. Überall im Land wurden die Feuer gelöscht, um das Ende dieser Epoche zu symbolisieren. Danach wurde die Welt neu geboren und eine neue Zeitrechnung begann. Das Ganze ähnelt ein wenig einem Jahreswechsel am Ende eines Jahrhunderts, an dem die Europäer ebenfalls eine neue Epoche mit Feuerwerk und anderen Feierlichkeiten begrüßen.

Die Maya-Hochkultur aber existierte viel länger als 52 Jahre. Daher entwickelten die Priester und Wissenschaftler einen weiteren Kalender, mit dem sich jedes Datum in einem Zeitraum von 5125 Jahren exakt feststellen lässt. Der Beginn dieses Kalenders aber fällt auf dem 11. August 3114 vor Christus. Das Ende wäre der 21. Dezember 2012. Dann endet wieder einmal die Zeitrechnung der Maya und mit großem Pomp dürfte eine ganz andere Epoche begrüßt werden. Da die Maya-Hochkultur aber bereits im zehnten Jahrhundert nach Christus unterging, dürften die Feiern diesmal ein wenig kleiner ausfallen.

Erst in moderner Zeit wurden einige Maya-Inschriften auf einen Untergang der Welt hin interpretiert. „Die Planeten würden sich annähern ...“, zitiert der Katastrophenfilm von Roland Emmerich eine dieser Aussagen. Anhänger der Weltuntergangstheorie deuten diesen Satz so: Die Planeten des Sonnensystems stehen dann so hintereinander, dass ihre Anziehungskräfte sich addieren und auf das Innere der Erde so gewaltige Kräfte ausüben, dass fast überall gewaltige Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche ausgelöst werden. Allerdings hinkt diese Annahme gewaltig, erklärt der Astronom Florian Freistetter in Jena: Gemeinsam üben alle Planeten gerade einmal zwei Prozent der Kraft auf die Erde aus, die der Mond allein bewirkt. Das Hintereinanderstehen der Planeten ist also viel weniger gefährlich als der Mond, der einmal in vier Wochen die Erde umkreist. Obendrein gibt es am 21. Dezember 2012 mit Sicherheit kein solches vollständiges Hintereinanderstehen der Planeten.

Auch den Untergang ihrer eigenen Hochkultur konnten die Maya-Priester nicht in ihren Kalendern ablesen. Er wurde vielmehr vermutlich von mehreren, lang anhaltenden Trockenperioden zwischen 810 und 910 nach Christus mit verursacht, die Gerald Haug von der Eidgenössisch-Technischen Hochschule in Zürich nachgewiesen hat. Weil Wälder viel mehr Feuchtigkeit verdunsten als Maisfelder und so ebenfalls zum Niederschlag in einer Region beitragen, könnte auch das Roden der Wälder für Maisfelder zu diesen Trockenzeiten beigetragen haben. Diese Überlegung versucht Benjamin Cook vom US-amerikanischen NASA Goddard Institute for Space Studies mit Computersimulationen des Klimas für die letzten 2000 Jahre in der Region zu zeigen. Ob das für eine Erklärung des Untergangs dieser Hochkultur reicht, bezweifelt der PIK-Spezialist für Klima und Vegetation Wolfgang Lucht aber noch: „Das Verschwinden dieser Hochkultur ist auch heute noch ein Mysterium“, meint der Wissenschaftler.

Zumal der langsame Niedergang dieser Kultur pessimistische Zukunftsahnungen irrational befördert haben könnte.

Es sieht ein bisschen danach aus, als müssten wir damit leben, dass der Weltuntergang ausbleibt.

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