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Panorama: Abfangjäger verfolgten Passagierjet

Entführung im deutschen Luftraum vermutet

Zwei Phantom-Jäger der Bundeswehr haben – wie erst jetzt bekannt wurde – am 5. Januar über Schleswig-Holstein ein Passagierflugzeug verfolgt. Die Piloten der Maschine hatten keinen Funkkontakt mit der deutschen Flugsicherung hergestellt, weshalb eine Entführung nicht ausgeschlossen werden konnte. Der Pilot der Boeing 737 der dänischen Maersk Air, die sich mit 102 Passagieren auf dem Flug von Lissabon nach Kopenhagen befand, hatte zuletzt mit der französischen Flugsicherung gesprochen. Nach dem Einflug in den deutschen Luftraum um 13Uhr38 gab es keinen Funkkontakt. Alle Ansprechversuche verliefen erfolglos, obwohl es für solche Fälle eine feste Notfrequenz gibt oder der Pilot mit einem bestimmten Code einen Funkausfall signalisieren kann. Daraufhin übernahm die militärische Einsatzzentrale in Brockzetel bei Aurich die Radarführung und die Alarmrotte des Jagdgeschwaders 71 im niedersächsischen Wittmund wurde in Startbereitschaft versetzt. Nachdem das Nationale Lage- und Führungszentrum Sicherheit im Luftraum (NFLZ) im nordrhein-westfälischen Kalkar über das Luftoperationszentrum der Nato unter dem Codewort „Alpha Scramble“ den vermeintlichen Ernstfall ausgelöst hatte, stiegen um 14 Uhr 3 zwei Phantom-Kampfflugzeuge auf und erreichten den Verkehrsjet fünf Minuten später. Wie verlautet, konnten die Luftwaffenpiloten zunächst nicht erkennen, ob sich im Cockpit der Boeing Terroristen befanden, weil die Sonne blendete. Kurz vor Erreichen der dänischen Grenze meldete sich der Zivilpilot dann um 18 Uhr 20 über Funk bei den Fluglotsen in Kopenhagen. Daraufhin wurde der Einsatz abgebrochen.

Warum es den Piloten der Passagiermaschine nicht gelang, sich bemerkbar zu machen, so wie es Notfälle vorsehen, ist bisher nicht bekannt. „Wir untersuchen den Vorfall, wissen aber noch nicht, woran es gelegen hat“, sagte ein Maersk-Sprecher in Kopenhagen dem Tagesspiegel. Es habe sich beim Anflug der Kampfmaschinen um das übliche Verfahren gehandelt. Nach dem neuen Luftsicherheitsgesetz kann der Verteidigungsminister im Notfall den Abschuss eines Zivilflugzeuges anordnen. Maschinen, die unangemeldet in den deutschen Luftraum einfliegen, lösen automatisch einen Alarm aus, bei dem sofort Abfangjäger in die Luft steigen. Dieser Automatismus soll einen Zeitgewinn bringen, damit die Passagiermaschine im Ernstfall schneller abgeschossen werden kann. Im vergangenen Jahr stiegen Abfangjäger in 20 Fällen auf, um Passagiermaschinen anzufliegen. In allen Fällen erwies sich die Ursache als harmlos.

Rainer W. During

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