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Australische Experten untersuchen Wrackteile von MH17 in der Ukraine.

© dpa

Absturz von Flug MH17: Zwischenbericht erhärtet Verdacht eines Abschusses

Die Boeing 777-200 von Flug MH17 ist von Objekten durchsiebt worden. Das ergab der erste Zwischenbericht über die Absturzursache von Flug MH17, den die niederländische Flugsicherheitsbehörde am Dienstag vorgelegt hat. Russland hält den Bericht für wenig aussagekräftig.

Die Maschine von Flug MH17 ist einem ersten niederländischen Ermittlungsbericht zufolge "von Objekten durchsiebt" worden und während des Fluges in mehrere Teile zerborsten. Darauf deute auch die Tatsache an, dass die Wrackteile sehr weit voneinander entfernt lagen. Das ergab der erste Zwischenbericht über die Absturzursache von Flug MH17, den die niederländische Flugsicherheitsbehörde am Dienstagmorgen vorgelegt hat.

Er stützte damit den Verdacht, wonach die Maschine mit 298 Menschen an Bord am 17. Juli über dem Konfliktgebiet im Osten der Ukraine abgeschossen wurde.

Die Boeing 777-200 sei im Flug zerbrochen, heißt es in dem ersten Zwischenbericht zu der Tragödie. Dies sei "wahrscheinlich auf strukturelle Schäden zurückzuführen, die von einer großen Zahl an Objekten verursacht wurden, die das Flugzeug mit hoher Geschwindigkeit von außen durchdrangen". Der 34-seitige Bericht trifft allerdings keine Aussagen darüber, ob das Flugzeug von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden ist. Bisher konnten die niederländischen Ermittler nicht selber Wrackteile untersuchen. In ihrem Bericht stützen sie sich daher neben der Auswertung von Flugschreibern oder des Funkverkehrs auch auf Fotos von den Wrackteilen.

Es habe keine Warnsignale im Cockpit oder Notrufe an die Flugsicherheit gegeben, die darauf hindeuten könnten, heißt es. Beim Abflug sei MH17 voll funktionsfähig gewesen. Auch könne menschliches Versagen als Absturzursache ausgeschlossen werden. In einem Jahr wollen die Niederländer einen ausführlichen Bericht vorlegen. Technisches Versagen oder Pilotenfehler schlossen die Ermittler aus.

Bei dem Absturz des malaysischen Verkehrsflugzeuges am 17. Juli wurden 298 Menschen getötet, die meisten waren Niederländer.

Die USA und die Ukraine hatten prorussische Rebellen für den Abschuss der Maschine verantwortlich gemacht. Die Frage, wer für den Abschuss verantwortlich ist, klammert der Bericht bewusst aus. Die Schuldfrage sei Gegenstand der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen, heißt es in Den Haag.

Die Buk-Rakete

Nach dem Absturz kam gleich der Verdacht auf, dass die Boeing mit einer Boden-Luft-Rakete vom Typ Buk abgeschossen wurde. Dieser Verdacht hat sich durch den vorläufigen Zwischenbericht der Ermittler vom Dienstag erhärtet. Die Ermittler stellten fest, dass das Flugzeug von außen von Objekten durchsiebt wurde, bevor es abstürzte. Buk-Raketen explodieren unmittelbar vor Erreichen ihres Ziels und treffen dieses dann mit Splittern. Dies unterscheidet sie etwa von Raketen, die von Flugzeugen aus abgefeuert werden. Die mobilen Buk-Systeme russischer Bauart werden auf Militärfahrzeugen installiert und sind darauf ausgerichtet, etwa Flugzeuge, Helikopter oder andere Raketen zu zerstören. Die Buk-Raketen mit einem Gewicht von 700 Kilogramm werden von der Nato auch als SA-11 Gadfly bezeichnet. Grund für den Verdacht, dass die Maschine MH17 von einer Buk-Rakete zerstört wurde, ist neben der Funktionsweise auch die Reichweite der russischen Flugkörper: Sie können Ziele bis zu einer Höhe von 25 Kilometern treffen, die Malaysia-Airlines-Maschine mit 298 Insassen an Bord befand sich auf einer Reiseflughöhe von etwa zehn Kilometern. Diese Höhe könne nicht mit einfacheren Raketen erreicht werden, die der Schütze auf seine Schulter lege und abfeuere, sagte der US-Verteidigungsexperte Edward Hunt von IHS Jane's. Mit solchen Raketen seien zuletzt andere ukrainische Militärfluggeräte von den Separatisten abgeschossen worden, die jedoch auf geringerer Höhe als die Boeing der Malaysia Airlines unterwegs waren.

Russland: MH17-Zwischenbericht erst Beginn einer langwierigen Arbeit

Das russische Luftfahrtamt hat den Zwischenbericht zum Absturz des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 über der Ostukraine als wenig aussagekräftig bezeichnet. „Leider ist viel Zeit verstrichen - es wird kompliziert sein, alle Ursachen zu ermitteln“, sagte Experte Oleg Stortschewoj am Dienstag der Agentur Interfax. Die Leichen der Passagiere hätten lange ohne Untersuchung an der Absturzstelle gelegen, und die Wrackteile seien in der ukrainischen Kampfzone möglicherweise in Mitleidenschaft gezogen worden. „Der Bericht ist erst der Beginn einer langwierigen Arbeit. Die objektive Untersuchung muss fortgesetzt werden“, sagte Stortschewoj in Moskau.

Der Zwischenbericht zum Absturz des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 über der Ostukraine belastet nach Ansicht der Separatisten die Regierung in Kiew. „Es ist offensichtlich, dass es eine Provokation der ukrainischen Armee war, um Russland und die Volkswehr zu diskreditieren“, sagte Separatistenführer Miroslaw Rudenko am Dienstag der Agentur Interfax zufolge. „Es gibt eine hohe Zahl von Widersprüchen in der ukrainischen Version, und der Report bestätigt dies nur“, sagte Rudenko in Donezk. Ähnlich äußerte sich Separatistenführer Alexander Sachartschenko. „Wir verfügen nicht über die Technik, um ein solches Flugzeug abzuschießen“, behauptete er.

Malaysias Premier fordert Zugang zur MH17-Absturzstelle

Malaysias Premierminister Najib Razak fordert angesichts der offenen Fragen im neuen Expertenbericht zum Absturz der Passagiermaschine MH17 einen uneingeschränkten Zugang zur Absturzstelle in der Ostukraine. Es sei ausgesprochen wichtig, „alle sterblichen Überreste zu bergen, die Untersuchung abzuschließen und die Wahrheit zu ermitteln“, erklärte Razak am Dienstag auf seiner Homepage. In einem Zwischenbericht des niederländischen Sicherheitsrates heißt es, das über der Ostukraine abgestürzte malaysische Passagierflugzeug sei vor dem Auseinanderbrechen in der Luft von zahlreichen Objekten getroffen worden. Von Raketenbeschuss ist darin zwar nicht ausdrücklich die Rede. Razak betonte, dass die Maschine laut Bericht flugtauglich war, keine Mängel aufwies und einer offiziellen, freigegebenen Route folgte. Ein malaysisches Untersuchungsteam sei am Montag in die Ukraine geschickt worden, erklärte Razak weiter. Aufgrund der Kämpfe in der Region waren erste Untersuchungen in dem Trümmerfeld abgebrochen worden. Nun gilt eine - allerdings brüchige - Waffenruhe.

Kurz vor der Vorstellung des ersten Untersuchungsberichts zum Flugzeugabsturz in der Ostukraine waren weitere Leichen nach Malaysia geflogen worden. „Heute bringen wir zwei weitere Opfer von Flug MH17 nach Hause“, twitterte der malaysische Premierminister Najib Razak am Dienstag.
Damit sind nach offiziellen Angaben nun die sterblichen Überreste von 34 der 43 Malaysier an Bord in die Heimat gebracht worden. (Tsp/dpa/AFP)

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