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Panorama: Achtung, Durchzug

Die Hitze führt leicht zu Sommergrippe – wegen der Klimaanlagen und weil viele Menschen leichtsinnig sind

Viele stöhnen über die Hitze, für einige, vor allem für chronisch Kranke, birgt sie sogar gesundheitliche Risiken. Der Kreislauf, die Kopfschmerzen, die gestauten Venen, das alles verleidet Anfälligen den strahlenden Hochsommer. Aber dass die Hitze ausgerechnet zu Erkältungen führen kann, ist schwer zu glauben.

Tatsächlich erkranken jedes Jahr in der warmen Jahreszeit Menschen an Infekten, die mit Schnupfen, Heiserkeit und Husten einhergehen. Das Deutsche Grüne Kreuz in Marburg weist in einer aktuellen Mitteilung darauf hin, dass der häufige Wechsel zwischen klimatisierten Räumen und der Sommerhitze auf der Straße oder nichtklimatisierten Räumen das Immunsystem schwäche.

„Sommergrippe“ ist für diese grippalen Infekte jedoch eigentlich nicht der richtige Begriff. Denn es handelt sich glücklicherweise nicht um die Influenza, die echte Grippe. Das ist eine schwere Erkrankung, die mit Fieber und Schüttelfrost einhergeht. Als Auslöser für grippale Infekte kommen dagegen an die 120 verschiedene Kandidaten aus der großen Gruppe der Rhinoviren in Frage. Verschiedene Bakterien nutzen die Gunst der Stunde und bilden eine zusätzliche Herausforderung für das geschwächte Immunsystem. Unter dem Begriff „Sommergrippe“ werde oft „alles in einen Topf geworfen, was wie eine Grippe aussieht“, sagt der Virologe Georg Pauli vom Berliner Robert-Koch-Institut. Wissenschaftlich und medizinisch sei das kein sauber definierter Begriff. Dass bestimmte Erreger im Augenblick besonders verbreitet seien, kann er nicht bestätigen.

Fest steht allerdings, dass feucht-warmes Wetter für die Vermehrung von Viren besonders günstig ist. Dazu kommt, dass bei hochsommerlichen Temperaturen Menschen sich gern in größeren Gruppen versammeln: bei Straßenfesten, im Schwimmbad oder am Seeufer, im Urlaubsflieger oder in der Bahn. Das macht den Erregern auch die Verbreitung leichter. Auch Erreger, die Magen-Darm-Beschwerden auslösen, haben jetzt leichteres Spiel.

Und auch die Bezeichnung „Erkältung“ ist für den sommerlichen Schnupfen nicht ganz aus der Luft gegriffen. Schwitzen ist schließlich eine physiologische Reaktion, die der Abkühlung dient. Damit soll auch bei hohen Außentemperaturen oder nach starker Anstrengung eine gleichmäßige Körpertemperatur aufrechterhalten werden. Wer sich zusätzlich noch starker Zugluft aussetzt, um den Abkühlungseffekt zu verstärken, kühlt unter Umständen zu sehr aus. Das gilt vor allem für diejenigen, die nachts auf Open-Air-Dancefloors tanzen und auf dem Weg nach Hause zu spät merken, dass es zu kühl ist, um das Autofenster weit geöffnet zu halten. Vor allem nachts bleiben die Temperaturschwankungen oft unbemerkt. Viele Menschen werden leichtsinnig. Weil es vor allem in den Häusern vor dem Einschlafen noch viel zu heiß ist, werden alle Fenster geöffnet, an eine Bettdecke ist nicht zu denken. „Man sollte aber auf keinen Fall nackt im Durchzug schlafen“, warnt Pauli. Das kann auch der Rücken zu spüren bekommen. Wenigstens ein Laken sollte man benutzen, das die Feuchtigkeit nach dem Schwitzen aufnimmt und gegen die Zugluft abschirmt. Es schützt schließlich auch in tropischen Regionen die Schläfer.

Adelheid Müller-Lissner

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