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Beim 70. Filmfestival in Cannes wollte der Geschäftsmann und Aktivis Rachid Nekkaz Burkin-Mode am Strand demonstrativ vorführen. Die französische Polizei hat das verhindert.

© Regis Duvignau/Reuters

Aktion beim Filmfestival: Polizei verhindert Burkini-Baden in Cannes

Die Stars auf dem roten Teppich setzten auf Transparenz. Ein algerischer Millionär wollte während des Filmfestivals Baden im Burkini organisieren. Doch die Polizei stoppte die Aktion.

Auf dem roten Teppich beim Filmfestival fallen die Stars gern durch Transparenz auf. Schauspielerin Monica Bellucci ließ einen Busen durchs Kleid blitzen, Model Bella Hadid trug ihre Robe so hoch geschlitzt am Bein, dass ihr Slip zu sehen war – immerhin hatte sie noch einen an. Schauspielerin Charlotte Gainsbourg zeigte gleich offensichtlich viel Bein in einem für eine Cannes-Gala sehr kurzen Minikleid. Und ihre Kollegin Robin Wright hielt ganz offensichtlich den BH unter dem Abendkleid für unnötig. Ein algerischer Millionär hatte sich ausgerechnet das freizügige Cannes als Schauplatz ausgesucht, um eine provokante Burkini-Badeparty zu feiern, bei der der Ganzkörper-Bikini zelebriert werden sollte.

Rachid Nekkaz (45) kündigte die Aktion „Alle in den Burkini“ in Cannes schon vor einigen Tagen für Freitag an. Und das mit Absicht in Cannes, denn Cannes war die erste Stadt, die im vergangenen Jahr ein Burkini-Verbot am Strand erlassen hat: „Cannes ist der Tempel der Extravaganz. Es ist die totale Freiheit. Einige sind im Bikini, andere im Burkini. Das ist das Frankreich, das wir lieben.“ Doch die Präfektur des französischen Départements Alpes-Maritimes durchkreuzte seine Pläne. Sie hat alle öffentlichen Demonstrationen für die Dauer des Festivals in der Stadt verboten, weil erhöhte Sicherheitsvorkehrungen gelten.

Rachid Nekkaz betonte, das Verbot sei Unsinn: „Niemand kann uns vom Baden abhalten.“ Die Polizei kontrollierte aber den ganzen Freitag den Strand und führte rund zehn Frauen, die im Burkini baden wollten, vor dem Luxushotel Martinez ab und drohte Nekkaz mit 7500 Euro Strafe und sechs Monaten Gefängnis, sollte er die verbotene Badeaktion doch organisieren. Bei den Frauen handelte es sich um Freunde und Familie von Nekkaz, die aus Paris angereist waren. Dieser betonte dazu: „Ich habe gedacht, das ist hier ein Rechtstaat.“ Auch wenn die Badeaktion nicht geklappt hat, hat er auf das Thema aufmerksam gemacht.

Der Algerier, der in Frankreich geboren ist, aber seine französische Staatsbürgerschaft aufgegeben hat, wollte mit dem Badetag die Entscheidung des Staatsrates, des obersten französischen Verwaltungsgerichtes, zum Thema Burkini feiern. Im vergangenen Jahr war der Burkini das große Thema in der Sommersaison. Zahlreiche Städte vor allem in Südfrankreich hatten ihn am Strand verboten. Doch die Verbote wurden vom Staatsrat als nicht rechtmäßig erklärt. Der Grund: Der Burkini gefährde nicht die Sicherheit.

Werbung mit Marine Le Pen im Burkini

Auf dem Werbeplakat für die Veranstaltung sah man ausgerechnet Marine Le Pen im Burkini – in den Nationalfarben Blau-Weiß-Rot. Nekkaz hatte Marine Le Pen sogar ein Exemplar geschickt, ebenso wie der ehemaligen konservativen Familienministerin Nadine Morano, die ebenso wie Le Pen mal von einer „Invasion der Muslime“ gesprochen hatte. Auch sie ist auf dem Werbeplakat zu sehen, das Nekkaz auf Twitter gestellt hat.

Der Millionär sorgte schon früher bei dem brisanten Thema der Verschleierung für Aufmerksamkeit: In Frankreich ist die Burka, der Ganzkörperschleier, seit April 2011 verboten, damals war Nicolas Sarkozy Präsident. Das Verschleierungsverbot wurde im Juli 2014 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt, es sei keine Diskriminierung, hieß es. Es sei legitim, wenn ein Staat mit solchen Maßnahmen die Voraussetzungen für ein Zusammenleben in der Gesellschaft wahren wolle. Die französische Regierung hatte damals vor allem Sicherheitsfragen für das Verbot angeführt und war Vorreiter bei dem Thema in Europa. Auch in Belgien gibt es dieses Verbot seit 2011, ebenso seit 2012 in den Niederlanden.

Wer den Ganzkörperschleier in Frankreich auf der Straße öffentlich trägt, muss eine Strafe von 150 Euro zahlen. Häufig werden dieselben Frauen in Frankreich immer wieder zur Kasse gebeten. Nach Schätzungen des französischen Innenministeriums verhüllen nur etwa 2000 Frauen in Frankreich – von rund fünf Millionen Muslimen im Land -  auch ihr Gesicht mit einem Schleier. Weiterhin dürfen religiöse Kleider getragen werden, nur das Gesicht darf in der Öffentlichkeit nicht verschleiert sein. Somit ist auch der Burkini erlaubt.

Nekkaz zahlt für Burkaträgerinnen

Nekkaz hat Tausende von Strafen von Frauen in Frankreich bezahlt, die mit Burka von der Polizei angehalten wurden, und sich damit gebrüstet. Er betonte, schon 1192 Strafen bezahlt zu haben, auch in anderen Ländern, in denen die Burka verboten ist, finanziert er die Strafen. Nekkaz sieht sich als „laizistischer Moslem“ und erklärte: „Ich bin der Verteidiger der Menschenrechte, der Frauen und des Laizismus.“ Er sei gegen das Tragen eines Gesichtsschleiers in geschlossenen öffentlichen Orten, zahlt nur für die Frauen, die auf der Straße verschleiert aufgegriffen wurden. Er sei auch nicht davon überzeugt, dass Frauen Burka tragen sollten. Ihm ginge es nur um die Verteidigung der freien Entscheidung.

Der Algerier aus bescheidenen Verhältnissen, der in Choisy-le-Roi bei Paris geboren wurde, ist eine schillernde Figur. Er studierte Geschichte und Philosophie an der Sorbonne und machte im Internet sein Vermögen, bevor er auf Immobilien umstieg. Er kündigte an, Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2007 und 2012 in Frankreich zu sein, kam aber nicht auf die notwendigen Patenschaften von Staatsvertretern, die dafür notwendig sind. Aber er trat mehrmals mit geringem Erfolg bei Parlaments- und Kommunalwahlen an. Als er 2014 in Algerien für die Präsidentschaftswahlen antreten wollte, legte er die französische Staatsbürgerschaft ab. Für seine Aktion in Cannes hatte er schon im Vorfeld viel Kritik erhalten. Kommentare im Internet machten sich darüber lustig: „Um die Freiheit zu feiern: Alle nackt an den Strand in Algerien.“

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