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Menschen bejubeln die erfolgreiche Rettungsaktion im Norden des Landes.

© Sakchai Lalit/AP/dpa

Aktion in Tham-Luang-Höhle beendet: Thailand feiert die Rettung der Fußballmannschaft

Alle zwölf Jungen und ihr Trainer sind gerettet worden. Trotz 18 Tage in Dunkelheit und gefährlicher Befreiung geht es ihnen offenbar relativ gut.

Das Höhlendrama in Thailand ist vorbei – und es hat ein glückliches Ende. Die letzten in der Tham-Luang-Höhle im Norden eingeschlossenen vier Jungen und ihr Trainer sind am Dienstag in einer weiteren riskanten Operation gerettet worden. 18Tage hatten sie auf engstem Raum in einer feuchtkühlen Höhle verbracht, neun Tage davon in absoluter Stille und Dunkelheit, ohne Essen, ohne angemessene Kleidung und ohne Gewissheit, ob sie je wieder das Tageslicht erblicken.

Die Thai Navy Seals, die die Rettung organisierten, kündigten zu Beginn der letzten Operation auf ihrer Facebook-Seite an, der Tag heute werde länger sein als die vorherigen. Noch fünf Menschen mussten ins Freie gebracht werden, eine Person mehr als an den Vortagen – und am Morgen regnete es heftig über dem Gebiet. Die Gefahr von neuen Überflutungen in der Höhle stieg.

6,5 Stunden dauerte der letzte Einsatz

Doch das Rettungsteam war eingespielt und arbeitete noch schneller als am Montag, um die letzten Jungen des lokalen Fußballklubs mit dem „Wildschwein“ zu befreien. Um 10.08 Uhr Ortszeit begannen die Taucher ihren Einsatz, 6,5 Stunden später war das Wunder perfekt, das Hunderte von Freiwilligen und aus der gesamten Welt angereiste Elitetaucher möglich gemacht haben, ohne Geld zu verlangen. Um 18.47 meldeten die Thai Navy Seals: „Zwölf Wildschweine und Coach aus der Höhle. Alle sicher.“

Mit dem zwölften Kind und ihrem 25-jährigen Trainer Akkapol Chanthawong hatten die letzten Eingeschlossenen die noch zusätzlich ausgemeißelte, aber auch danach nur 72 Zentimeter breite Passage in der Höhle durchtaucht, die zurück in die Freiheit führte. Um diese gefährlichste Stelle zu durchqueren, waren Akkapol und die Kinder mit Medikamenten ruhig gestellt worden, um Panikattacken im engen Fels und bei schlechter Sicht zu verhindern.

Scharfe Kanten drohten Schläuche aufzuschlitzen

Zudem drohten scharfe Kanten im Fels, die Tauchanzüge, Luftschläuche und Sicherheitsleinen aufzuschlitzen. Jeder der 13Geretteten trug einen Tauchanzug und eine Gesichtsmaske für Sauerstoff. Ein Rettungstaucher mit zwei Sauerstoffflaschen zog den Betäubten hinter sich her und versorgte diesen mit Atemluft, ein zweiter Taucher folgte zur Sicherung.

Während das rund 100-köpfige Rettungsteam inklusive der 19 Taucher die letzte Operation begannen, gaben die Behörden Auskunft über den Gesundheitszustand der am Sonntag und Montag geretteten Jungen. Alle litten demnach an Unterkühlung und einer erhöhten Anzahl von weißen Blutkörperchen, als sie ins rund 70 Kilometer entfernte Prachanukroh Krankenhaus in Chiang Rai eingeliefert wurden. Der mehrstündige Transport durch das kalte Wasser der Höhle hatte die Körper unterkühlt. Bei drei Jungen bestand Verdacht auf Lungenentzündung, einer habe einen sehr niedrigen Puls gehabt.

Inzwischen seien alle so gestärkt, dass sie von selbst aufstehen und einer alltäglichen Routine nachgehen können, sagte der thailändische Staatssekretär für Gesundheit, Jessada Chokdamrongsuk. Im Gegensatz zu früheren Berichten sagte Jessada auch, dass die schwächeren Jungen zuerst evakuiert worden seien, dass alle gut auf Medikamente ansprächen und am Dienstagmorgen fieberfrei gewesen seien. Abgesehen von ein paar Schrammen seien sie körperlich in guter Verfassung. Wie viel Gewicht sie verloren haben, wisse keines der Kinder, weil sie vorher nie gewogen worden seien.

Die Kinder bleiben zunächst in Quarantäne

Wegen der hohen Ansteckungsgefahr bleiben die Kinder auf der Quarantäne-Abteilung in Einzelzimmern untergebracht. Sie bekommen zunächst Augenbinden, dann Sonnenbrillen, um die Netzhaut nach der langen Zeit in Dunkelheit wieder an Licht zu gewöhnen.

Alle können sich normal bewegen und sprechen, seien guter Dinge und hungrig, sagte Jessada: „Sie sehnen sich nach ihren Lieblingsspeisen.“ Momentan würden sie nur leicht verdauliche Nahrung, Infusionen und Vitamin B1 erhalten, um Immunsystem und Körper zu stärken. „Wir geben ihnen moralische Unterstützung“, sagte Jessada. „Sie werden rund eine Woche im Krankenhaus bleiben.“ Dabei bleibt unklar, wann Angehörigen erlaubt wird, ihre Kinder wieder zu berühren und zu umarmen – und nicht bloß durch eine Schutzscheibe zu sehen.

Nach den letzten Geretteten hatten auch die seit dem ersten Tag bei ihnen stationierten drei Navy Seals und ein Arzt die Höhlenkammer namens Noen Nom Sao rund vier Kilometer in der Tiefe des Berges verlassen, wohin sich die zwölf Jungen und ihr Trainer am 23.Juni auf der Flucht vor den Wassermassen zurückgezogen hatten.

Kritik an Elon Musk, der Höhle besucht

Derzeit kursiert in Thailands sozialen Medien ein Foto, das zwei Tropfsteine in der Noen Nom Sao Kammer in der Form von weiblichen Brüsten zeigt, von denen Wasser abtropft. Viele deuten dies als Zeichen des Himmels, das den Jungs das Leben gerettet habe. Noen Nom Sao heißt übersetzt: Mädchenbrüste.

In der Nacht zu Dienstag hatte der US-Weltraumunternehmer und Entwickler Elon Musk die Höhle besucht und den Rettungskräften ein Mini-U-Boot übergeben – „falls es nützlich ist“, wie Musk auf Twitter schrieb. Musk hatte die Kommandozentrale in der dritten Kammer besucht, auf halbem Weg zwischen Höhleneingang und dem Ort, wo die Gruppe festsaß. „Das Mini-U-Boot ist bereit, wenn nötig“, sagte Musk. Der Prototyp sei „aus Raketenteilen gefertigt und benannt nach der Fußballmannschaft der Kinder: Wildschwein“. Musk erntete für das Angebot allerdings auch heftige Kritik. Im Internet warfen ihm viele vor, nur Selbstdarstellung zu betreiben.

Nicht zum WM-Finale, aber neue Einladung der Fifa

Da die Jungen und ihr Trainer die Einladung der Fifa zum WM-Finale nicht wahrnehmen können, will der Weltfußballverband sie zu einer späteren Veranstaltung einladen. Die Fifa drückte am Dienstag in einer Mitteilung ihre „große Freude“ über die geglückte Rettung aus und gedachte dabei auch des ums Leben gekommenen Tauchers. „Die Priorität der Fifa bleibt auf der Gesundheit von jedem der Beteiligten und wir werden eine neue Möglichkeit finden, um die Jungs zu einem Fifa-Event einzuladen“, hieß es weiter. Die Jungen werden das Endspiel am Sonntag nach Angaben der Ärzte in der Klinik am Fernsehschirm verfolgen dürfen – wenn sie solange wachbleiben. Anpfiff ist thailändischer Zeit um 22 Uhr.

Daniel Kestenholz

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