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Wer in den Genuss von Stevia-Inhaltsstoffen wie Kalzium, Magnesium und Chlorophyll kommen will, kann sich selbst eine Pflanze ziehen.

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Alternativer Süßstoff: Das Stevia-Wunder ist ausgeblieben

Einst galt Stevia als Wunderpflanze. Der kalorienfreie Zuckerersatz sollte unsere Ernährung revolutionieren. Doch davon ist nicht viel übrig geblieben. In einigen Fällen macht der Stevia-Einsatz trotzdem Sinn.

Süßes essen und sich trotzdem gesund ernähren - davon träumen viele. Als die Europäische Kommission 2011 Steviolglykoside als Lebensmittelzusatzstoff zuließ, schien dieser Traum in Erfüllung zu gehen. Weil der Stevia-Süßstoff aus einer Pflanze gewonnen wird, kalorienfrei ist und keine Karies verursacht, galt er als Süßungsmittel der Zukunft. Doch der Boom blieb aus. „Steviolglykoside sind ein Süßstoff wie jeder andere“, sagt der Agrarwissenschaftler Udo Kienle, der sich an der Universität Hohenheim seit Jahren mit der südamerikanischen Pflanze Stevia rebaudiana und ihren Süßstoffen beschäftigt.

Bei der Herstellung des Süßungsmittels werden die Steviolglykoside in einem chemischen Verfahren isoliert - und von den wertvollen Inhaltsstoffen der Steviapflanze getrennt. Die Steviolglykoside enthalten somit keine gesundheitsfördernden Bestandteile mehr. Kirsten Metternich, Kochbuchautorin und gelernte Diätassistentin, meint: „Die Annahme, dass Steviolglykoside natürlicher sind als andere Süßstoffe, ist falsch.“ Schon mit einer geringen Stevia-Menge lasse sich eine enorme Süße erzielen, sagt die Ernährungsexpertin. Sie empfiehlt für den Gebrauch daheim Flüssigsüße oder Granulat. Wichtig ist, sich genau an die Dosierungsempfehlungen zu halten, weil es sonst leicht zu süß wird.

Neue Stevia-Produkte wie die Coca-Cola-Variante "Life" kommen in die Regale - manche verschwinden schnell wieder.
Neue Stevia-Produkte wie die Coca-Cola-Variante "Life" kommen in die Regale - manche verschwinden schnell wieder.

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Im Supermarkt gibt es Produkte wie Joghurt, Konfitüren oder Limonaden mit Stevia-Süße. Neue Produkte wie jüngst die Coca-Cola-Variante „Life“ kommen in die Regale - andere wie der Andechser Stevia Bio-Jogurt, der mit Stevia-Tee gesüßt war, verschwinden wieder. Das Interesse an Stevia-Produkten sei bedauerlicherweise aktuell nicht ausreichend vorhanden, heißt es zur Begründung bei der Andechser Molkerei Scheitz. „Für die Industrie ist der Umgang mit Steviolglykosiden schwierig“, meint Kienle. Das liegt zum einen am lakritzartigen Eigengeschmack von Stevia, der außerdem je nach Herstellungsverfahren variiert.

Zum anderen am niedrigen sogenannten ADI-Wert. Er legt die gesundheitlich unbedenkliche maximale Tageshöchstdosis von Lebensmittelzusatzstoffen fest. Wegen des niedrigen ADI-Wertes kann die Lebensmittelindustrie bei vielen Produkten nur etwa ein Drittel des Zuckers durch Steviolglykoside ersetzen. Für eine Erhöhung des ADI-Wertes wären neue Langzeitstudien mit Ratten notwendig. Beim Kochen und Backen daheim ist der ADI-Wert normalerweise kein Problem. Wer ein Stück Kuchen isst, das ausschließlich mit Stevia-Süßstoff gesüßt ist, komme nicht in die Nähe des Höchstwertes, sagt Metternich. Wer aber täglich mehrere mit Stevia gesüßte Lebensmittel in größeren Mengen verzehrt, sollte aufpassen.

Vor allem Kinder mit wenig Körpergewicht können an die ADI-Wert-Grenze oder darüber kommen, wenn sie beispielsweise viele gesüßte Limonaden trinken. „Der Geschmack von Stevia harmoniert gut mit Nüssen und Gewürzen wie Zimt oder Anis“, sagt Metternich. Wer den Eigengeschmack nicht mag, kann Steviolglykoside aber auch mit Zucker mischen, dann verliert er sich. Sind im Rezept 100 Gramm Zucker angegeben, empfiehlt die Backexpertin, diese durch 50 Gramm Zucker und einen halben bis einen Teelöffel Steviapulver zu ersetzen. Im Handel gibt es auch fertige Haushaltszucker, die mit Steviolglykosiden gemischt und kalorienreduziert sind. (dpa)

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