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Altkanzler-Witwe: Rut Brandt gestorben

Die zweite Ehefrau des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt, Rut Brandt, ist tot. Sie starb nach langer Krankheit im Alter von 86 Jahren in einem Berliner Altersheim. Sie war 32 Jahre mit Brandt verheiratet.

Berlin - Rut Brandt starb bereits am Freitag, sagte der Leiter des Heimes der Zeitung "BZ". Demnach litt sie an Alzheimer. SPD-Chef Kurt Beck erklärte in Berlin, der Tod von Rut Brandt erfülle die deutsche Sozialdemokratie mit Trauer. "Sie war eine großartige First Lady in Berlin und Bonn, als Willy Brandt Regierender Bürgermeister und Bundeskanzler war", betonte Beck.

Rut Brandt wurde am 10. Januar 1920 im norwegischen Hamar als Rut Hansen geboren. 1944 lernte sie den aus Lübeck emigrierten Willy Brandt im Rahmen ihrer Tätigkeit im norwegischen Widerstand kennen. Sie war mit ihm 32 Jahre verheiratet. Ihrem Mann stand Rut Brandt zur Seite, als dieser 1966 zunächst Außenminister und 1969 dann Bundeskanzler wurde und als er 1971 den Friedensnobelpreis für seine Ostpolitik erhielt. Auch als er 1974 über den DDR-Spion Günter Guillaume stürzte, hielt Rut Brandt zu ihm. Sechs Jahre später wurde das Paar geschieden. Aus der Ehe gingen die Söhne Peter, Lars und Matthias hervor.

Das Leben an der Seite ihres Mannes war für Rut Brandt nicht immer leicht, wie sie dem "Stern" vor rund vier Jahren in einem ihrer letzten Interviews anvertraute. "Natürlich hatte ich zuweilen Angst davor, so aufzutreten, wie man es von mir als Frau des Bürgermeisters, Außenministers oder Kanzlers erwartete", sagte sie damals. "Trotzdem war ich den größten Teil meines Lebens mit Willy Brandt glücklich." Der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Schütz, schrieb in der "BZ": "Mich hat schon damals beeindruckt, mit welcher Güte und mit welcher Unaufdringlichkeit sie Willy Brandt umgeben hat."

Zunehmende Entfremdung in den 70ern

In dem "Stern"-Gespräch schilderte Rut Brandt aber auch die zunehmende Entfremdung von ihrem Mann vor der Enttarnung des DDR-Spitzels Guillaume. "Damals war es schon schwierig zwischen uns", sagte sie. Schon in ihrem Buch "Freundesland", das sie Anfang der 90er Jahre veröffentlichte, hatte sie ihre Gefühle im Schatten ihres Mannes als zwiespältig geschildert. "Jeder neuen Phase begegnete ich mit Unsicherheit und Unruhe", schrieb sie darin. Dann habe sie sich jedes Mal vor den Spiegel gestellt und gesagt: "Ich bin ich, bin ich."

Rut Brandt überlebte ihren sechs Jahre älteren Ex-Mann um fast 14 Jahre. Für öffentliches Befremden sorgte, dass sie auf Wunsch von Brandts dritter Ehefrau Brigitte Seebacher-Brandt nach seinem Tod 1992 vom Staatsakt wie von der Beisetzung in Berlin ausgeladen wurde. SPD-Chef Beck unterstrich, Rut Brandt habe "in ihrer Persönlichekeit auf ideale Weise die besonderen Tugenden der europäischen Sozialdemokratie" verkörpert. Die Partei trauere mit den Söhnen um eine "weltoffene, liebenswürdige Frau". (tso/AFP)

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