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Panorama: Arbeits-Elefanten: Eigenes Dorf für die Grauen Riesen

Plai Rungruengs stummer Aufschrei verhallte nicht ungehört. Hungrig und von Touristen gepiesackt hatte es der tonnenschwere Elefantenbulle in Thailands Hauptstadt Bangkok nicht mehr ausgehalten und vor einem halben Jahr mit einem Amoklauf ein Verkehrschaos angerichtet.

Plai Rungruengs stummer Aufschrei verhallte nicht ungehört. Hungrig und von Touristen gepiesackt hatte es der tonnenschwere Elefantenbulle in Thailands Hauptstadt Bangkok nicht mehr ausgehalten und vor einem halben Jahr mit einem Amoklauf ein Verkehrschaos angerichtet. Die Behörden reagierten prompt - und verbannten die schätzungsweise 100 "Straßenelefanten" aus der Millionenmetropole. Tierschützer warnten damals: Die Dickhäuter samt ihrer Führer, den "Mahouts", in ihre arme Heimat zu schicken, sei keine Lösung. Nun soll ein Tourismusprojekt sowohl die Grauen Riesen als auch die Menschen dort halten und ernähren, wo sie herstammen.

Keiner kennt das Problem besser als Prakit Klangpatthana, Ortsvorsteher von Ban Ta Klang, einem "Elefanten-Dorf" im Nordosten Thailands: "Die Mahouts wollen eigentlich nicht nach Bangkok. Aber während der heißen Zeit von März bis Juni gibt es keine Arbeit, also auch kein Geld. Die Frauen weben, aber die Mahouts sitzen herum. Also gehen sie nach Bangkok", erzählt er. Bis zu ihrem Rauswurf aus der Hauptstadt standen die Kolosse allabendlich an Straßenkreuzungen, während ihre Führer Urlauber um Geld für Futter anbettelten.

Einst landesweit als genügsame Arbeitstiere vor allem in der Forstwirtschaft geschätzt, gelten seit einem Abholzungs-Verbot von 1989 die meisten der rund 2400 zahmen Jumbos als "arbeitslos". Überdies streifen etwa 2000 wilde Artgenossen durch die Urwälder des Landes, das den Elefanten im Wappen trägt.

Seit Anfang August können nun Touristen zu den Elefanten nach Ban Ta Klang kommen - dort, wo seit 300 Jahren die Dickhäuter aufgezogen, trainiert und wie Haustiere gehalten werden: Mehr als die Hälfte der fast 150 Familien dort besitzt mindestens einen. Dazu ziehen die mächtige Tourismusbehörde Thailands (TAT), der Reiseveranstalter-Verband (ATTA) des Landes sowie die Fluggesellschaft Thai Airways erstmals an einem Strang und bieten Tagestouren ins Dorf an - nach Meinung von Landeskennern ein vielversprechender Versuch. Allerdings hat es schon zuvor schon ähnliche Projekte gegeben - die meisten blieben wegen Geldmangels erfolglos.

ATTA-Präsident Roberto Jotikasthira gibt sich hoffnungsvoll: "Ich denke, das wird funktionieren." Für 80 US-Dollar fliegen Besucher mit verbilligten Tickets nach Isan, wie der Nordosten in Thailand heißt. Führer erläutern das traditionelle Weber- und Flechthandwerk, und die ATTA stellt kostenlos die Organisation.

Zu einem Zoo soll das Projekt allerdings nicht ausarten, beeilt sich Jotikasthira zu erklären. "Das ist eine einzigartige Sache und kein Zirkus. Es geht darum zu zeigen, wo die Elefanten leben, und wir wollen die Elefanten respektieren", sagt der ATTA-Präsident. Sollte die Idee Früchte tragen, könnte tatsächlich vielen der Dickhäuter der Nerven aufreibende Trubel Bangkoks inmitten lärmender Autos und stinkender Abgase erspart bleiben: Fast die Hälfte der etwa 100 Elefanten Ban Ta Klangs wird alljährlich wegen der Touristen-Dollars an den Chao Phraya-Fluss gekarrt.

Dennoch ist sich auch Projekt-Manager Pittiya Homklilas der Gefahr bewusst, dass selbst wohl dosierte Besuche von Urlaubern im Elefanten-Dorf Ban Ta Klang auch Schaden anrichten könnte. "Ich will, dass die Kultur der Bewohner weiterlebt. Das Dorf ist Heimstatt der Elefanten, dort werden sie seit 300 Jahren aufgezogen und ausgebildet. Das muss erhalten werden", sagt Pittiya, der als Gründer der Schutzorganisation "Elephant Alliance" als einer der ersten am Sinn der Verbannung der Tiere aus Bangkok laut zweifelte.

Wie groß das kulturelle Missverständnis sein kann, zeigte einer der ersten Besuche einer Reisegruppe in Ban Ta Klang: Weil manche Touristin extrem kurze Shorts trug, boten die Dorf-Frauen verschämt traditionelle Wickelröcke an, um die nackten Schenkel zu verhüllen.

Frank Brandmaier

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