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Bedrohte Welt: Abkommen soll Artenvielfalt in Antarktis sichern

Robben, Wale, Pinguine: In Bremerhaven beraten 25 Länder darüber, ob zwei große Meeresschutzgebiete rund um die Antarktis ausgewiesen werden. Es steht viel auf dem Spiel.

Wissenschaftler nennen das Gebiet „das einzige Meer“, weil es bisher vergleichsweise geringfügigen menschlichen Einflüssen ausgesetzt ist. Das Gebiet des Rossmeers in der Antarktis ist eine der „letzten und großartigsten Ozean-Wildnisse der Welt“, schreibt das amerikanische Außenministerium zum Auftakt der Debatte in Bremerhaven über seinen umfassenden Schutz. Bei einer Sondersitzung der Kommission zum Schutz lebender Meeresschätze in der Antarktis (CCAMLR) geht es noch bis zum heutigen Dienstag um die Ausweisung gleich zweier großer Schutzgebiete.

China, Russland und Norwegen sperren sich

Die USA und Neuseeland haben schon im vergangenen Jahr vorgeschlagen, das Rossmeer unter Schutz zu stellen. Australien, EU und Frankreich wollen sieben Gebiete entlang der Küste in der Ostantarktis schützen lassen. Beide Anträge sind im vergangenen November bei der regulären CCAMLR-Sitzung an den Stimmen Chinas, Russlands und Norwegens gescheitert. Die zwei Tage in Bremerhaven sollen die drei Länder nun zum Einlenken bewegen, denn die Kommission kann nur einstimmige Beschlüsse umsetzen.

Die CCAMLR existiert seit 1982 und gehört zum Vertragswerk, das die Antarktis bisher vor allzu leichtfertigem Raubbau schützt. Der Grund war das wachsende Interesse seit den 70er Jahren, die Krillvorkommen der Antarktis zu befischen. Krill sind winzige Meereskrebse – die Nahrungsgrundlage unzähliger Meereslebewesen, unter anderem von großen Bartenwalen wie Finnwalen oder den größten überhaupt, den Blauwalen. 24 Länder und die Europäische Union gehören der CCAMLR an. Offenbar gehört die Kommission zu den erfolgreicheren internationalen Abkommen. Nach CCAMLR-Angaben ist es durch entsprechende Beschlüsse gelungen, die Beifangquote von Seevögeln in der Antarktis von geschätzt 7000 im Jahr 1997 auf nahezu null im Jahr 2013zu senken. Nach Angaben der Kommission ist es gelungen, die illegale Fischerei zu begrenzen. Sie sei von etwa 40 000 Tonnen in den 90er Jahren auf rund 2000 Tonnen in den Jahren 2010/11 gesunken.

Die biologische Vielfalt ist einmalig

Peter Bleser, Staatssekretär im Agrarministerium und Gastgeber in Bremerhaven, sagte zum Auftakt der Verhandlungen: „In der Antarktis gibt es noch eine biologische Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Wir dürfen nicht zulassen, dass eine für den Klimahaushalt immens wichtige Region Schaden nimmt.“ Das US-Außenministerium argumentiert ähnlich. Das Rossmeer sei ein „natürliches Laboratorium für die Erforschung und ein besseres Verständnis des Klimawandels, unserer Ozeane und unserer Welt“. Nach Informationen aus Teilnehmerkreisen sind die Verhandlungen dennoch zäh. Vier Tage lang hatten die Wissenschaftlichen Ausschüsse der Kommission getagt, in der Nacht auf Sonntag bis 5.30Uhr morgens.

Am Montag zeigten sich China, Russland, Norwegen und die Ukraine noch nicht davon überzeugt, dass das Rossmeer komplett unter Schutz gestellt werden sollte. Norwegen hatte im vergangenen Herbst vorgeschlagen, das Schutzgebiet nur zeitlich befristet auszuweisen – um später die dort vermuteten Bodenschätze und Fischgründe doch noch auszubeuten. Beim Weltgipfel in Rio de Janeiro, Rio plus 20, war es vor einem guten Jahr nicht gelungen, verbindlichere Vereinbarungen für den Schutz der Weltmeere zu vereinbaren. Die Biodiversitätskonvention (CBD) hat jedoch schon vor längerer Zeit beschlossen, dass bis 2012 rund zehn Prozent der Meeresfläche unter Schutz gestellt werden sollten, aktuell sind es lediglich zwei Prozent. Beschließt die CCAMLR die beiden großen Meeresschutzgebiete, würde der Wert auf drei Prozent wachsen. Die Gebiete in den zwei Anträge umfassen eine Fläche die so groß ist, wie elf Mal die Bundesrepublik.

Immerhin 30 Umweltorganisationen haben sich im Vorfeld der Konferenz in Bremerhaven zusammengefunden, um das Anliegen eines umfassenden Meeresschutzes zu unterstützen. Die Antarctic Ocean Alliance sieht in diesen größten Meeresschutzgebieten der Welt, so sich die Antragsteller denn durchsetzen können, ein "dauerhaftes globales Vermächtnis", wie es Rodolfo Werner von der amerikanischen Umweltorganisation Pew Charitable Trusts' Antarctic marine campaign ausdrückt. Tim Packeiser von der Umweltstiftung WWF sagt: "Trotz seiner Einzigartigkeit ist das Polarmeer ungenügend geschützt." Das könnte sich an diesem Dienstag in Bremerhaven ändern. hofft auch Peter Bleser für die deutsche Delegation.

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