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Beerdigung in München: Hunderte Trauergäste nehmen Abschied von Johannes Heesters

Der legendäre Entertainer starb im Alter von 108 Jahren. Am Freitag wurde er auf dem Münchner Nordfriedhof beerdigt. Er erhielt das erste Grab am Platz.

„Ich bin als Kind mit Ihren Filmen aufgewachsen“, schreibt eine Frau ins Kondolenzbuch an den „Sehr geehrten Herrn Heesters“. Andere haben „Danke“ notiert und „Unvergessen“. Zwischen den zwei Kladden steht ein großes Bild im Durchgang zur Aussegnungshalle am Münchner Nordfriedhof, das den greisen Johannes Heesters zeigt im weißen Hemd und mit gestreiftem Sakko. Ein Mann hat eine Kollage aus Heesters-Trophäen gebastelt, die er vor sich trägt: Fotos aus den unterschiedlichsten Zeiten, eine alte 45er-Single – alles handsigniert. Freunde, Verwandte, Fans und viele Schaulustige nehmen an diesem Tag Abschied von dem Sänger und Schauspieler. An Heiligabend ist er im Alter von 108 Jahren gestorben, sechs Tage darauf wird er beerdigt.

Ein eisiger Wind pfeift am Vormittag im nördlichen Schwabing die Ungererstraße entlang, als die 200 geladenen Trauergäste tröpfchenweise vor dem Friedhof eintreffen. Manch einer muss sich den Hut festhalten. Ein riesiges Aufgebot an Fernsehteams und Fotografen steht bereit, um die Gäste abzufangen. Heesters Tochter Nicole etwa, eine Frau mit grauem Haar, die Nichte Saskia oder den Schauspieler Thomas Fritsch, der eine weiße Rose in der Hand hält.

Sie alle müssen sich mühsam durch die Menge zwängen, um überhaupt in die Aussegnungshalle zu gelangen, in der Heesters im Eichensarg aufgebahrt ist. Das ist ein Stück weit entwürdigend, doch manch einer hält auch ganz gerne seinen Kopf ausgiebig in die Kamera um zu sagen, welch guten Freund er verloren hat. Bayerns Ex-Kunstminister Thomas Goppel hingegen gelangt hinein, ohne jede Aufmerksamkeit zu erhalten. Heesters Witwe wiederum, die 62-jährige Simone Rethel, wird ziemlich unbemerkt von der anderen Seite zur Halle gefahren.

Eine Stunde dauert die nichtöffentliche Trauerfeier. Das Programm ist „so, wie er es gewollt hätte“, sagt der Bestattungsunternehmer Rudolf Zirngibl. Der Pfarrer Konrad Schreiegg aus Heesters Wohnort Starnberg hält eine freie, „weitgehend spontane“ Rede. Neben Goppel sprechen auch der langjährige Leiter des Theaters und der Komödie am Kurfürstendamm, Jürgen Wölffer, und der Düsseldorfer Theaterdirektor René Heinersdorff. Die Pianisten Florian Fries und Uli Kofler, die über viele Jahre mit Heesters aufgetreten sind, begleiteten die Feier musikalisch, sie spielen Lieder, die Heesters selbst einst gesungen hat.

Er war einer der ältesten lebenden Männer in Deutschland und der älteste aktive Schauspieler der Welt.

Es sind nur einige Meter vom markanten ockerfarbenen Bauwerk mit Aussegnungshalle aus dem Jahr 1884 bis zu der großen, runden und mit einer Steinmauer eingefassten Grabstelle. Eine ganze Batterie von Kränzen ist aufgestellt – letzte Grüße von Freunden, der Berliner Akademie der Künste, der Landeshauptstadt München, dem Tierschutzverein Starnberg und auch von Redaktionen der Yellowpress-Blätter. Bayerns Ministerpräsident schickt viele gelbe Tulpen mit weiß-blauer Schleife.

Hunderte Besucher aus der Bevölkerung versammeln sich davor. Dunkle Lodenmäntel, viel Nerz und graues Haar dominieren die Szenerie. Eine vergangene Epoche. Menschen, die sich in den 1950er und 1960er Jahren an Heesters leichter Unterhaltung erfreut hatten. Und die es ihm – im Gegensatz zu vielen Bürgern in seiner holländischen Heimat – auch nicht übelnahmen, dass er in der Nazi-Zeit große Erfolge in Deutschland gefeiert hatte. Dass er sich als unpolitisch gab und doch von Joseph Goebbels im Jahr 1944 als „unverzichtbarer Schauspieler“ geführt wurde.

Es ist nicht nur Heesters Kunst, die ihn zum Mythos gemacht hat. Sondern es ist auch die Tatsache, dass er die Unmöglichkeit schaffte, 108 Jahre alt zu werden – und damit einer der überhaupt ältesten lebenden Männer in Deutschland war. Laut dem Guinness-Buch der Rekorde war er der älteste aktive Schauspieler der Welt. 91 Jahre lang hat Heesters auf der Bühne gestanden.

Eigentlich sollte er im Grab von Simone Rethels Eltern auf dem Nordfriedhof bestattet werden. Doch dann entschied sich die Witwe kurzfristig anders. Nun stößt man, wenn man von der Ungererstraße auf den Friedhof kommt, gleich auf dieses große, pompöse Grab. Nicht sehr viele, aber ein paar weitere Prominente sind auf dem Nordfriedhof bestattet – etwa der Schauspieler Beppo Brehm, der Schriftsteller Wolfgang Koeppen und der Kabarettist Sammy Drechsel. Heesters aber nun hat das erste Grab am Platze.

Der Trauerzug, voran gehen Simone Rethel und Heesters Enkelin Wiesje Herold, gelangt ans Grab. Der weiße Sarg wird heruntergelassen. Die Witwe bedeckt ihn als Erste mit Erde. An ihrer Seite die beiden Töchter des Verstorbenen aus erster Ehe, Wiesje und Nicole. Der letzte große Auftritt ist beendet. In großen Buchstaben steht an der Aussegnungshalle geschrieben: „Es ist vollbracht!“

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