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Panorama: Belgien ist schockiert

Eine Woche nach dem Urteil gegen Dutroux gesteht ein Förster sechs Mädchenmorde

Der Mädchenmörder und Vergewaltiger Marc Dutroux ist gerade erst verurteilt, da bekommt es Belgien mit einer ähnlichen Affäre zu tun: Ein französischer Förster in Wallonien ist verdächtig, eine ganze Mordserie begangen zu haben. Michel Fourniret, 62 Jahre alt, legte ein Geständnis ab.

Belgien ist schockiert. Elisabeth Brichet war 12 Jahre alt, als sie im Dezember 1989 in Namur spurlos verschwand. Bis auf die Kanarischen Inseln ließen ihre Eltern in den kommenden Jahren ihre Spur verfolgen – umsonst, das Mädchen tauchte nie wieder auf. Dann wurde im Sommer 1996 der arbeitslose Sozialhilfeempfänger und Kleinkriminelle Marc Dutroux festgenommen, aus dessen Keller die Polizei zwei entführte Mädchen befreien konnte.

Als danach dann eine grausige Enthüllung auf die andere folgte, schien es nur logisch, einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden von Elisabeth und Dutroux’ Umtrieben zu vermuten.

Doch Dutroux konnte im Fall Brichet nie etwas nachgewiesen werden und so wurde der Fall zu einem weiteren Baustein jener großen Verschwörungstheorie, derzufolge hinter Dutroux ein Netz aus geheimnisvollen Hintermännern lauerte, die Belgiens hoch gestellten Pädophilen frische Beute zulieferten.

In den Zeiten der Dutroux-Hysterie schien alles möglich, und die Tatsache, dass die Behörden das Mädchen aus Namur nicht finden konnten, schien die Existenz eines von ganz oben gedeckten Komplotts nur zu bestätigen. Ein geschwätziger Gefangener, der wegen Kindesmissbrauch einsass, veranlaßte die Polizei damals sogar, ein Minengelände in Jumet bei Charleroi komplett umzugraben. Das achtmonatige Graben brachte rein gar nichts ans Licht, schon gar nicht die Leiche von Elisabeth, die dort vergraben sein sollte.

Erst seit Mittwoch weiß man: Elisabeth Brichet wurde ermordet, aber ihre Leiche wurde in Frankreich vergraben. Am Mittwoch nämlich gestand der seit einem Jahr wegen versuchter Kindesentführung verhaftete Franzose Michel Fourniret aus Namur den Mord an Elisabeth Brichet. Er war vor fast genau einem Jahr nach einem Versuch, ein 13-jähriges Mädchen zu entführen, festgenommen worden. Das Mädchen hatte sich aus seinem Wagen befreien können und die Polizei alarmiert. Fourniret hatte nach seiner Festnahme aber beständig geleugnet.

Vor wenigen Tagen hatte die Polizei auch seine Ehefrau verhaftet und ihr unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen. Die Frau hatte daraufhin nach Presseberichten umfassende Aussagen gemacht und ihren Mann beschuldigt, insgesamt neun Morde begangen zu haben.

Nach Agenturberichten hat Fourniret jetzt insgesamt sechs Entführungen und Morde bereits zugegeben. Der Förster Fourniret, der zwischen 1966 und 1983 in Frankreich in elf Fällen wegen Entführung und Vergewaltigung verurteilt worden war, hatte sich nach seiner Freilassung in Wallonien niedergelassen, wo er schließlich in einer Schulkantine eingestellt wurde. 2000 war die Polizei auf ihn aufmerksam geworden, nachdem in den umliegenden Wäldern die Leichen zweier in Frankreich verschwundener Mädchen entdeckt worden waren. Die Mehrzahl seiner Opfer soll aus Frankreich stammen.

Erleichtert aufatmen wird nach den Geständnissen nun ein Fotograf aus der Gegend, dessen Auto in der Nähe jenes Ortes gesehen wurde, an dem Elisabeth 1989 verschwand. Da der Mann angeblich pädophile Neigungen gehabt haben soll, wurde er jahrelang verdächtigt, mit dem Verschwinden des Mädchens etwas zu tun zu haben.

Klaus Bachmann[Brüssel]

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