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Panorama: Berliner Küche: Sauerbier: Berliner Weiße

Der Baedeker hielt es schon mal für nötig, Berlin-Besucher vor diesem Getränk ausdrücklich zu warnen, Fremden pflege es nicht zu munden, schrieben die Reiseführer vor 100 Jahren. Marketingstrategen sprachen und sprechen da lieber vom "Champagner des Nordens", serviert allerdings in einer Art Einmachglas.

Der Baedeker hielt es schon mal für nötig, Berlin-Besucher vor diesem Getränk ausdrücklich zu warnen, Fremden pflege es nicht zu munden, schrieben die Reiseführer vor 100 Jahren. Marketingstrategen sprachen und sprechen da lieber vom "Champagner des Nordens", serviert allerdings in einer Art Einmachglas. Und immerhin gibt es ein technisches Detail, dass diesen Euphemismus rechtfertigt: Beide, der edle Franzose und das Berliner Weißbier, entstehen in Flaschengärung. Und beide prickeln und moussieren.

Es gab eine Zeit, da war Berliner Weiße, die ihren Namen dem vielen schneeigen Schaum verdankt, so ziemlich das einzige Bier, das hiesige Brauer herstellten. Vor rund 150 Jahren hatte man weder die Kühltechnik, noch war es möglich die Hefe rein genug zu halten, um ein untergäriges Export oder Pilsner Bier zu brauen. Man behalf sich mit der Weiße. Die wird obergärig gebraut, das heißt bei moderaten 15 bis 20 Grad Celsius. Heraus kam ein vergleichsweise saures Gebräu, denn in der Weiße vergärt nicht nur Zucker zu Alkohol und Kohlensäure, es entsteht auch Milchsäure. Im Grunde könnte man von einem kontrollierten Verderben sprechen, mit dem Effekt immerhin, dass die saure Weiße verleichsweise länger hält. Es geht die Legende, dass Laubenpieper und Kneipiers - oder Budiker, wie man damals sagte - die Flaschen im Sand vergruben, damit ihnen die Flaschen mit ihrem brodelnden Inhalt nicht explodierten.

Im Grunde ist die Berliner Weiße ein Verwandter des bayrischen Weißbiers, beide werden mit Gersten- und Weizenmalz gebraut, die bayrischen Kollegen verzichten allerdings auf die Milchsäure produzierenden Hefen, was ihr Gebräu gefälliger macht - wenn man es denn nicht sauer mag. In Berlin behalf man sich damit, dass man die Weiße vorzugsweise als Mischgetränk zu sich nahm. Zu Zilles Zeiten kippte man einen Korn zur Erleichterung rein und erhöhte damit auch gleich den geringeren Alkoholgehalt von rund drei Prozent. Populärer aber wurden die legendären Mischungen "rot" mit Himbeersirup oder "grün" mit Waldmeister.

In dieser Kombination hält sich die Berliner Weiße am Markt ganz gut, auch wenn sie außerhalb Brandenburgs kaum Fuß fassen konnte. Trotzdem, Jochen Sievers, Vorstand der Berliner Kindl-Brauerei, immerhin der Weiße-Marktführer, schätzt den Anteil der Weiße an seiner Produktpalette auf 7,5 Prozent. Und einen trendigen Mix-Tipp verbeitet Sievers auch noch: Man trinke sie mit Campari, soll besser schmecken.

lat

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