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© dpa

Bienen-Population: Im Sturzflug

Überall auf der Welt sterben die Honigbienen. Ein Schweizer Institut erforscht die Ursachen.

Es steht schlecht um die Honigbienen. Und das nicht nur in Deutschland. In ganz Europa, in China und in den USA wird seit der Jahrtausendwende immer wieder von einem Massensterben der Tiere berichtet. Klar ist eigentlich nur, dass es nicht nur eine Ursache für das Bienensterben gibt.

Eine gewichtige Rolle spielt wohl die Varroa-Milbe. In ganz Europa sind die Bienenvölker von diesen Parasiten befallen. Es gibt einige Wirkstoffe, mit denen die Bienen vor der Milbe geschützt werden können, doch durch die jahrelange und dauerhafte Anwendung sind die Schädlinge resistent geworden – die Chemikalien können den Varroa-Milben nicht mehr allzu viel anhaben. Derzeit bleibt den Imkern nur eines: Die Milbe mit einer Kombination aus mehreren verschiedenen Chemikalien und hoffentlich zur richtigen Zeit zu behandeln. Dann steigt die Chance, dass ihre Bienen durch den Winter kommen.

Das Schweizer Zentrum für Bienenforschung der Forschungsanstalt Agroscope in Bern hat nun die Führung in der weltweiten Erforschung des Bienensterbens übernommen. Im Forschungsnetzwerk Coloss, an dem 130 Forscher aus 35 Ländern beteiligt sind, soll nach neuen Wirkstoffen gegen die Varroa-Milbe, die richtigen Behandlungsmethoden, aber auch nach anderen Möglichkeiten, die Bienenvölker zu stärken, gesucht werden.

Mit der Varroa-Milbe haben die deutschen Imker speziell im Winter 2002/03 böse Erfahrungen gemacht. Der durchschnittliche Winterverlust bei gesunden Bienenvölkern liegt zwischen sechs und zehn Prozent der Tiere. In diesem Winter vor sechs Jahren verloren die deutschen Imker jedoch rund 30 Prozent ihrer Völker. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) reagierte darauf mit einem Bienensymposium, bei dem alle namhaften Experten ihre Hypothesen vortrugen. Das Fazit war damals, dass die Varroa-Milbe wohl das größte Problem gewesen war. Zudem befanden sie, dass viele Imker die Milbe nicht mit der „richtigen“ Kombination von Chemikalien behandelt hatten. Ziemlich sicher waren sich die Forscher damals, dass neuartige Pflanzenschutzmittel, mit denen Saatgut gebeizt wird, bevor es in die Erde kommt, am Bienensterben nicht schuld gewesen seien. In Frankreich war diese These schon länger von Imkern vertreten worden, weil ihre Bienenvölker genau in der Zeit massenhaft verendeten, als die ersten dieser Beizmittel besonders häufig bei der Zucht von Sonnenblumen eingesetzt wurden. Die Beizmittel gelten als vergleichsweise umweltfreundlich, weil sie zielgenauer als andere Pestizide eingesetzt werden können und gut gegen Virenerkrankungen und einige Fraßinsekten wirken.

Es muss ein Schock für die Experten des BVL gewesen sein, als sie im Frühjahr 2008 feststellen mussten, dass die hochgelobten Neonikotinoide, also besagte Beizmittel, für ein großes Bienensterben am Oberrhein in Südwestdeutschland und in Bayern verantwortlich waren. Die Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam wurden als Ursache für die Vergiftungen der Bienen und ihr massenhaftes Sterben im Mai 2008 ermittelt. Damals verloren etwa 700 Imker rund 11 500 Bienenvölker. Das BVL ordnete damals an, die Zulassung für die verantwortlichen Pestizide ruhen zu lassen. Für Mais ruht sie bis heute. Für Raps durften die Beizmittel indes wieder verwendet werden, allerdings unter bestimmten Auflagen. Die sollen vermeiden, dass die Mittel sich vom Saatgut lösen und als Feinstaub auf die Blüten anderer Pflanzen gelangen. Doch bei der Maisaussaat sieht das BVL bis heute keine Chance, die Pestizide so zu verwenden, dass die Bienen nicht gefährdet werden.

Dabei war speziell Clothianidin im vergangenen Jahr in höherer Konzentration zur Behandlung von Maissamen zugelassen worden, weil die Maisbauern eine Katastrophe fürchteten. Der berüchtigte Maiswurzelbohrer, der sich in den vergangenen Jahrzehnten von Südeuropa nach Deutschland vorgearbeitet hat, war 2007 erstmals im Elsass und am Oberrhein gefunden worden. Der Schädling gilt als ökonomisch so gefährlich, dass die Landwirtschaftsminister eine „Ausrottungsstrategie“ anordneten. Die Wirkung war durchschlagend – vor allem auf die Bienen.

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