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Panorama: Bildschön

Marilyn Monroe würde jetzt 80. Und wird in Hamburg mit einer großen Kunstausstellung geehrt

Götter haben kein Alter. Göttinnen auch nicht. Unvorstellbar, dass Norma Jean Baker alias Marilyn Monroe am 1. Juni schon 80 Jahre alt werden würde. Als Inbegriff des Weiblichen wurde sie zum Jahrhundertmythos. Zur unvergleichlichen, unerreichbaren Ikone des 20. Jahrhunderts und zum wohl bekanntesten Gesicht seit Menschengedenken. Wie stark das Sex-Symbol die Fantasie bildender Künstler beschäftigt, dokumentiert nun eine große Ausstellung, die auf ihrer Tournee durch Europa und die USA als einzige deutsche Station im Hamburger Kunsthaus Halt macht: „Marilyn Monroe“ – Legende, Mythos und Ikone“, initiiert und zusammengestellt von dem Hamburger Galeristen Thomas Levy, präsentiert Werke von mehr als 80 bildenden Künstlern und Fotografen, die sich mit Identität und Identitätsverlust, mit Rollenwechsel und Transformationen des Hollywoodstars auseinander setzen.

Marilyn Monroe im Spiegel der bildenden Kunst – endlich einmal ein neuer Aspekt in der Reihe unendlicher Marilyn-Ausstellungen mit Kleidern, Schuhen und Schmuck. Diese Schau zu ihrem 80. Geburtstag macht die Bezüge zwischen den Kunstwerken und ihren fotografischen Vorlagen deutlich und führt nicht zuletzt vor Augen, dass der ewig junge, unsterbliche Filmstar auch für die Künstler der Gegenwart eine schier unerschöpfliche Projektionsfläche bietet.

Keine andere Frau hat Künstler so sehr beschäftigt wie dieses blonde, stupsnasige Hollywoodprodukt, das sich selbst so unendlich fremd war. „Ich schleppe Marilyn Monroe mit mir herum wie einen Albatros“, gestand sie einmal. Und ein anderes Mal: „Ich habe insgeheim das Gefühl gehabt, nicht vollkommen echt zu sein, so etwas wie eine gut gemachte Fälschung.“ An diesem Gefühl ist sie zugrunde gegangen. Bekam Depressionen, wurde tablettenabhängig. Ihr Tod 1962, in der Nacht vor einer Pressekonferenz, bei der sie über den Kennedy-Clan plaudern wollte, ist bis heute ungeklärt. Aber klar ist wohl, dass bei keiner anderen Schauspielerin Selbstwertgefühl und Selbstdarstellung so weit auseinander klafften. So unglücklich sie auch gewesen sein mag – sobald Fotografen in Sicht waren, war alles vergessen. Niemand beherrschte den Flirt mit der Kamera so grandios wie Marilyn. Das zeigt schon Bernard of Hollywoods erstes braves Bildnis der 19-jährigen Norma Jean 1946, ganz zu schweigen von Tom Kelleys skandalträchtigen „Red-Velvet-Photos“ 1949 für die erste „Playboy“-Ausgabe. „Ich kenne keinen Mann, der nicht mit dieser Frau ins Bett gehen möchte“, bemerkte sie angesichts der Bilder, die Douglas Kirkland während seiner „One night with Marilyn“ 1961 schoss.

Und das Gleiche gilt zweifellos auch für die lasziven Aktaufnahmen des „Last Sitting“ mit Bert Stern kurz vor ihrem Tod 1962. Es gab zwar auch eine andere Marilyn, die zerbrechliche und nachdenkliche, die Henri Cartier-Bresson 1960 eingefangen hat, die romantisch melancholische von Milton H. Greene – doch die meisten wollten nur das Sexsymbol sehen, das naive Dummchen mit den Wahnsinnskurven, den leicht geöffneten Lippen und dem Schlafzimmerblick. So hat sie Frank Powolny 1952 für die Twentieth Century Fox aufgenommen und so hat sie Andy Warhol in seiner legendären „Marilyn“-Serie verewigt.

Jeder, der an Marilyn Monroe denkt, hat unweigerlich dieses Bild vor Augen. 44 Jahre nach ihrem Tod ist heute nur das Klischee geblieben, das Abziehbild. Das hatten auch Künstler wie Antonio de Felipe, Daniel Spoerri, Mimmo Rotella, C.O. Paeffgen oder die Hamburgerin Corinna Holthusen vor Augen, die sich mit dem Mythos auseinander setzten. Im Gegensatz zu den Fotografen jedoch brechen sie die Fassade auf, üben Kritik und entlarven die schöne Oberfläche als schalen Schein. Marilyn als computeranimierte Modepuppe, Marilyn am Kreuz und Marilyn auf dem Totenbett.

Hamburger Kunsthaus, bis 1. Mai, Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr.

Isabelle Hofmann[Hamburg]

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