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Panorama: Bittere Pille für die katholische Kirche

Viagra - das ist Pille gewordene Hoffnung.Hoffnung auf was?

Viagra - das ist Pille gewordene Hoffnung.Hoffnung auf was? - hier spätestens scheiden sich die Geister.Einige Wochen nachdem das amerikanische Pharmaunternehmen Pfizer das potenzsteigernde Medikament auf den Markt gebracht hat, ist die Öffentlichkeit gespalten.Die katholische Kirche steht der Pille, die Männern für immer verloren geglaubte Kraft zurückzugeben vermag, skeptisch gegenüber.Für Hans Langendörfer, Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, ist die Potenzpille ein höchst fragwürdiger Fortschritt."Viagra kommt nur für die Paare in Betracht, die auf moralisch geordnete Weise miteinander sexuell intim sind, also Ehepaare", so Langendörfer.Auch der Moraltheologe Josef Schuster, der an der philosophisch-theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main lehrt, sagt genau, für wen Viagra bestimmt sein sollte: für Ehepaare - nur für diese.Und nur dann, wenn der Mann "medizinisch indizierte Potenzprobleme" hat.Viagra einzunehmen, um den Urlaub in der Dominikanischen Republik aufregender zu gestalten, sei aus katholischer Sicht nicht zu rechtfertigen.

Die Praxis sieht anders aus.Entgegen den Wunschvorstellungen der katholischen Geistlichen kaufen nicht nur treue Ehemänner Viagra.Voll Vorfreude habe ein Kunde berichtet, er wolle das Medikament einnehmen, bevor er ein Bordell besuche, erzählt ein Apotheker aus Berlin Mitte dem Tagesspiegel.Ein anderer habe von einem bevorstehenden Urlaub in Thailand berichtet, der "sich lohnen solle".

Doch es gibt nicht nur Grund zur Sorge für die Geistlichkeit.Die meisten Kunden erweckten einfach nur den Eindruck, unglücklich über eine schon lange ertragene Impotenz zu sein.Und nicht nur Männer leiden.Er habe das Medikament kürzlich an eine Frau verkauft, die es ihrem Mann zum Geburtstag schenken wollte, berichtet der Berliner Apotheker.

Eine Gefahr sieht Pater Schuster darin, daß Probleme mit Hilfe von Viagra verdrängt statt gelöst werden könnten.Ähnlich wie bei dem Gebrauch von Designerdrogen würden dann körperliche oder psychische Grenzen einfach übersprungen werden - nach der Devise "nicht kurieren, sondern aufputschen".Die Leidtragenden der Entwicklung könnten die Frauen sein, gibt er zu bedenken."Die Männer nehmen die Pille und die Frauen haben bereit zu sein", so Schuster - kein verantwortlicher Umgang mit Sexualität.

Viagra kann aber auch kirchliche Konsequenzen haben.Nach wie vor ist medizinisch indizierte Impotenz in der katholischen Kirche ein Hindernis auf dem Weg zur Ehe.Sollte diese durch Viagra heilbar sein, könnte nach Schuster dieses Hindernis vielleicht aus dem Katalog gestrichen werden.So ist möglicherweise auch im kirchlichen Sinne die Potenzpille Viagra noch für etwas gut.

RAOUL FISCHER, KATHRIN SPOERR

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