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Panorama: Bloß kein falscher Zungenschlag

Königin Beatrix hat Gründe, ihre Meinung zu verbergen

Als der Krieg im Irak ausbrach, reiste die niederländische Königin Beatrix auf eine lange vorher geplante Reise nach Lateinamerika. Vor Journalisten erklärte sie am Rande eines Banketts in Chile nur so viel: „Der Staatsbesuch wird überschattet durch Ereignisse anderswo in der Welt." Gemeint war der Krieg. Mehr ist von Vertretern des Königshauses nicht herauszubringen. Das ist nach der niederländischen Verfassungstradition nicht verwunderlich: Die politische Verantwortung für Äußerungen von Mitgliedern des Königshauses liegt bei der Regierung. Daher werden alle öffentlichen Äußerungen des Königshauses mit dem Premier abgesprochen. Der unterstützt den Krieg der USA gegen den Irak „politisch" – nicht jedoch militärisch. Um das genau abzugrenzen, vollführt Jan Peter Balkenende ohnehin komplizierte Wortkapriolen vor dem Parlament, damit der Transit von Militärgütern durch niederländische Häfen nicht als „militärische Unterstützung" erscheint. Zur Zeit hat Beatrix noch einen anderen Grund zu äußerster Zurückhaltung. Ihre Beauftragten versuchen seit über zwei Monaten, eine Regierung aus Christdemokraten und Sozialdemokraten zustande zu bringen, damit die geschäftsführende Regierung von Balkenende durch eine voll funktionsfähige ersetzt werden kann. Doch Sozialdemokraten und Christdemokraten sind tief zerstritten über den Krieg im Irak – erstere finden ihn unrechtmäßig und wollen ihn auch politisch nicht unterstützen. Die Christdemokraten erwägen sogar eine militärische Beteiligung. Mit einem falschen Zungenschlag würde Beatrix so ihre eigenen Bemühungen zunichte machen, dem Land zu einer stabilen Regierung zu verhelfen. Was in ihrem Hinterkopf vorgeht, kann man nur ahnen: Mit dem traditionellen Engagement des Hauses Oranje für Entwicklungshilfe und eine stabile internationale Rechtsordnung dürfte der US-Einmarsch im Irak nur schwer vereinbar sein.

Klaus Bachmann[Den Haag]

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