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Fregattenkapitän Francesco De Falco.

© dpa

"Costa Concordia": Italiens neuer Held

Fregattenkapitän Gregorio De Falco wies den Kapitän der verunglückten Costa Concordia zurecht und schickte ihn zurück auf das Schiff. Nun feiert ihn die Nation als Symbol für das "bessere Italien" - eines das sich an die Regeln halte.

Wo das Böse ist, ist das Gute nicht weit. Nach den Berichten über das Verhalten von Kapitän Francesco Schettino, der das Schiff im Stich ließ, feiert Italien einen neuen Helden: Fregattenkapitän Gregorio De Falco. Der 46-Jährige hatte im Hafenamt in Livorno Dienst, als die „Costa Concordia“ vor der toskanischen Insel Giglio kenterte.

Entrüstet redete er in der Unglücksnacht auf den Kapitän ein: „Gehen Sie zurück an Bord, verdammt noch mal!“ Vor allem das Internet ist voller Lobeshymnen auf De Falco, der seit dem Unglück nonstop die Rettungsarbeiten koordiniert. „Er hat vor Wut geweint“, wird ein Vorgesetzter De Falcos in der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ zitiert. Demnach sagte De Falco: „Ja, ich weine, aber ich denke nicht, dass das eine Schwäche ist, Menschlichkeit ist keine Schwäche.“

Noch während De Falco die Rettungsarbeiten koordiniert, feiert ihn die Internetgemeinde. „De Falco for President“ und „Santo subito“ hieß es bei Twitter. De Falco sei das Gesicht des besseren Italien und ein Symbol, an das man glauben könne. Er stehe für ein Land, das sich an Regeln halte – „gegen das des BungaBunga“. Doch sei das Land auch noch „voller Schettinos“.

De Falcos Frau wundert sich über das viele Lob für ihren Mann. Sie finde es besorgniserregend, „dass Menschen, die einfach nur jeden Tag ihre Pflicht tun, in diesem Land plötzlich Idole werden, Persönlichkeiten, Helden“, wird sie zitiert. Auch De Falco selbst macht nicht viel Aufhebens um sich. „Hört auf, von mir zu reden, bitte“, zitieren ihn italienische Medien. „Es ist meine Aufgabe zu retten.“

Kapitän Francesco Schettino steht unter Hausarrest, nachdem er zuvor in der Untersuchungshaft verhört worden war. Nach Angaben seines Anwalts hat er alle Vorwürfe von sich gewiesen. Vielmehr sei er der Ansicht, Hunderte, wenn nicht gar Tausende gerettet zu haben, weil er das Schiff nah an die Küste gelenkt habe, nachdem es gegen einen Felsen gelaufen sei. Nach seinen Angaben sei er selbst zufällig in ein Rettungsboot gefallen. Schettino bekennt in den Ermittlungsprotokollen, die nach draußen sickerten, erstmals einen Irrtum: „Mein Manöver war falsch. Ich habe zu spät beigedreht. Über die Route war schon bei unserer Ausfahrt in Civitavecchia entschieden, aber bei der Annäherung an die Insel habe ich einen Fehler gemacht. Ich bin auf Sicht gefahren, ich hatte dieses Manöver schon drei- oder viermal gemacht. Aber diesmal habe ich die Beidrehung zu spät befohlen und bin in Niedrigwasser gelandet. Ich weiß nicht, warum das passiert ist, ich war Opfer meiner Gedankengänge.“ Dem Alkohol- und Drogentest soll sich der Kapitän ohne Widerstand unterzogen haben: „Macht nur“, wird er zitiert. „Ich nehme keine Drogen und hatte auch nicht getrunken.“

Inzwischen wurde auch bekannt, dass Schettino ein „Gruß“-Manöver nah am Festland auch im August 2010 vor der Insel Procida im Golf von Neapel vollführte. Seine Kreuzfahrtfirma warb mit einem Bericht darüber auf ihrer Webseite – inzwischen ist der Eintrag gelöscht.

Das Auswärtige Amt teilte am Mittwoch mit, dass dem Krisenstab zwölf Vermisstenmeldungen aus Deutschland vorlägen. Davon stammten fünf aus Hessen, zwei aus Berlin, zwei aus Baden-Württemberg, zwei aus Nordrhein-Westfalen und eine aus Bayern, sagte Ministeriumssprecher Peschke. Darüber hinaus gebe es Hinweise, dass das Schicksal weiterer Deutscher ungeklärt sei. Ihre Zahl sei gering.

Den Rettungskräften läuft die Zeit bei der Suche nach den Vermissten davon. Hoffnung, noch Überlebende zu finden, besteht kaum noch. Taucher mussten aus Sicherheitsgründen auch am Mittwoch ihre Arbeit vorübergehend unterbrechen, nachdem die „Costa Concordia“ erneut um einige Zentimeter abgerutscht war. Für die kommenden Tage sagten Meteorologen zudem stärkeren Wind voraus, was dazu führen könnte, dass das auf einem Felsvorsprung aufsitzende Wrack weiter in die Tiefe gerissen wird. Die Suche nach den Vermissten gestaltete sich schwieriger als gedacht. „Die Sicht ist miserabel“, sagte der Höhlentaucher Giuseppe Minciotti, einer der Spezialisten vor Ort.

Nach Schätzungen von Experten könnte das Schiffsunglück der größte Versicherungsschaden in der Geschichte der Seefahrt werden. Die Angaben der Versicherer deuten auf einen Schaden zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro hin.

(ade/dpa/AFP/rtr)

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